
Kirche und Medien in Österreich: Wie läuft die Kommunikation?
Abgesehen von Ostern und Weihnachten sowie dem "obligatorischen Kardinalsinterview" leidet die Kirche in Österreich an einem medialen Bedeutungsverlust: Zu diesem Fazit kommen zumindest theologisch gebildete österreichische Journalisten im Gespräch mit Kathpress. Auch wenn zahlreiche Theologinnen und Theologen in der österreichischen Medienszene aktiv sind, so fällt ihre Einschätzung über Gegenwart und Zukunft der kirchlichen Kommunikation eher düster aus:
So betont etwa die ORF-Journalistin und promovierte Kirchenhistorikerin Eva Maria Hoppe-Kaiser, dass zu Beginn ihrer journalistischen Laufbahn eher das Problem bestanden hätte, "dass man bei Bischöfen auf wenig Interesse gestoßen ist"; nun sei es eher umgekehrt, dass kirchliche Themen auf schwindendes Interesse bei Journalisten stoßen. Für die Linzer Bloggerin und diözesane Social Media-Expertin Andrea Mayer-Edoloeyi zeigt sich das Dilemma u.a. in der aktuellen Corona-Krise, wo der mediale wie offizielle kirchliche Fokus auf einem "Wie und Wo von Eucharistiefeiern" gelegen sei - Themen des Alltags und der Krisenbewältigung seien indes zu kurz gekommen. Nur Walter Friedl, stellvertretender Leiter der "Kurier"-Außenpolitik, betonte, dass die Kirche "ein gesellschaftspolitischer wichtiger Faktor" sei; nur die "Kommunikation mit den Medien könnte offensiver sein".
"Kirche als Thema wird weniger", führt Hoppe-Kaiser gegenüber Kathpress weiter aus. Das Problem sei aktuell nicht die Negativberichterstattung - wie beim Thema Missbrauch -, "sondern dass es überhaupt keine Berichterstattung" außerhalb der kirchlichen Medien oder der dezidierten Religionssendungen gebe. Einen positiven Effekt auf die Kirche selbst, wie auch auf ihr öffentliches wie mediales Bild, habe Papst Franziskus. Er gebe der "Kirche einen Aufschwung". Als positives Beispiel kirchlicher Kommunikation bzw. Kommunikatoren in Österreich nannte die Journalistin Kardinal Christoph Schönborn, der "ein Standing und Renommee in der Öffentlichkeit genießt".
Trotz schwindender Relevanz der Kirche werden laut Hoppe-Kaiser gewisse Bereiche der Kirche von Menschen noch immer wertgeschätzt. Als Beispiele nannte die Journalistin kirchliche Spitäler, die Caritas oder das soziale Engagement kirchlicher Institutionen.
Kirche und Medien spiegeln Gesellschaft wider
Das Verhältnis zwischen Kirche und Medien sei Ausdruck der gesamten pastoralen Situation in Österreich, bei der man merke, dass "Kirche als Institution an Wichtigkeit verliert", erläuterte etwa die Linzer Theologin Andrea Mayer-Edoloeyi. Journalisten könnten sich "immer weniger unter Kirche in ihrem vielfältigen Handlungsfeld vorstellen"; andererseits sei die kirchliche Kommunikation der letzten Wochen in der öffentlichen Wahrnehmung "sehr fokussiert" gewesen auf Streaming-Gottesdienste oder Corona-Regeln. "Alltagsthemen der Krise, die die wirklich Menschen interessieren" - etwa der Umgang mit Einsamkeit, Krankenpastoral oder Arbeitslosigkeit - seien untergegangen.
Ähnlich wie Hoppe-Kaiser schätzt auch Mayer-Edoloeyi die aktuelle Entwicklung der Kirche im "Social Web" ein: Viele Pfarren und Initiativen hätten einen "Technologiesprung" erlebt. Und auch wenn die Streaming-Gottesdienste teilweise mit schlechtem Ton, Licht oder holpriger Übertragung kämpften, sei das Engagement der Haupt- und Ehrenamtlichen "enorm", so die Medienexpertin.
Dringend erforderlich sei nun, dass sich die Kirche bewusst werde, dass "sie am Markt angekommen ist": Sie befinde sich mittlerweile in einer Art Konkurrenzkampf mit anderen spirituellen Anbietern, und müsse professioneller auftreten, so Mayer-Edoloeyi. Neben Kommunikation und Pressearbeit sei die wichtigste Komponente aber noch immer der "authentische und freudvolle Dialog mit anderen Menschen" - egal ob im Internet oder im direkten Kontakt.
Kirchenjahr als "mediale Tradition"
Anders die Einschätzung von "Kurier"-Journalist Walter Friedl: Für den studierten Theologen seien in die Höhepunkte des Kirchenjahrs - also Weihnachten und Ostern sowie das "obligatorische Interview mit dem Kardinal" - eine feste Tradition in der österreichischen Medienlandschaft. "Zum Teil fordern Lesern das auch ein", meinte Friedl.
Die katholische Kirche sei nach wie vor "ein gesellschaftspolitischer wichtiger Faktor und wird auch von Medien berücksichtigt und herangezogen", so die Einschätzung des Journalisten. Die Kirche müsste aber "offensiver" auf Medien zukommen. Als positives Beispiel nannte Friedl dabei die Pressearbeit der Caritas, die medial gesehen sehr präsent sei, sei es im medialen Alltag, in sozialen Medien oder durch intensive Medienkontakte.
Die Zeit der "klassischen katholischen Traditionen" ist laut Friedl aber auch in Österreich vorbei. So habe der Katechismus oder der Kirchgang kaum noch Relevanz. Bedeutsam sei die Stimme der Kirche hingegen bei Themen wie sozialer Gerechtigkeit, dem Klimawandel und dem Thema Flucht und Asyl.
Quelle: kathpress