Experten: Corona hinterließ seelische Spuren
Ob Kurzarbeit, Homeoffice oder Homeschooling: Corona hat die Menschen in den vergangenen Monaten auf eine harte Probe gestellt. Das haben Experten aus Seelsorge, Politik und Medizin am Montag in Linz vor Journalisten festgestellt - und auf Angebote professioneller Hilfe im Umgang mit psychischen Belastungen in der Krisensituation verwiesen. Die notwendig gewordene Selbstisolation habe "Spuren hinterlassen", betonte die oberösterreichische Gesundheitsreferentin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander.
Corona habe gezeigt: "Eine Gesundheitskrise kann sich ganz schnell in eine psychische Krise verwandeln", erklärte Haberlander. Aus diesem Grund waren professionelle Beratungen während der Zeit des "Lock-Downs" umso wichtiger, damit Hilfesuchende über Probleme sprechen und gemeinsam mit Experten Lösungen finden konnten. "Wir wollen in dieser großen Zeit der Unsicherheit eine Insel der Sicherheit bieten", so die Landeshauptmann-Stellvertreterin und verwies auf hilfreiche Angebote des Landes Oberösterreich.
Während der Corona-Krise wandten sich Menschen mit psychischen Belastungen unter anderem an die "TelefonSeelsorge - Notruf 142". Beratungsgespräche fanden sowohl telefonisch als auch online statt. "Die Krise hat uns gezeigt, dass Beratung über Internet gut möglich ist", berichtete deren Leiterin Silvia Breitwieser. In der Chatberatung hätten vor allem jüngere Menschen Rat und Hilfe gesucht. "Oft handelte es sich dabei um Menschen, die ganz stabil im Leben stehen - deren Leben aber in der Krise plötzlich verletzlich erscheint", schilderte die Seelsorgerin.
Durch die Anonymität der Onlineberatung fühlten sich viele ermutigt, auch schambesetzte Themen, wie etwa Mobbing, Selbstverletzung, Missbrauch oder Suizidgedanken anzusprechen. Die Krise brachte für viele Menschen Orientierungslosigkeit und Angst mit sich. Warum es wichtig ist, in Situationen der Ungewissheit das Gespräch zu suchen? "Weil man beim Reden seine Gedanken sortieren muss", erklärte Breitwieser. Ängste werden reduziert, vieles werde leichter. Um auf die Fülle der Anfragen adäquat zu reagieren, wurden Dienstschichten mehrfach besetzt.
Für zweite Welle vorbereitet
Dementsprechende personelle Maßnahmen setzte auch der Neuromed Campus des Kepler Universitätsklinikums, berichtete Kurosch Yazdi, Leiter der Abteilung für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin. "Sowohl für Patienten als auch für Mitarbeiter war es eine herausfordernde Zeit", so Yazdi. Zugleich habe man aber wertvolle Erfahrungen sammeln können. Für eine mögliche "zweite Welle" sei man vorbereitet. "Das Gute ist, dass wir jetzt wissen, wie wir uns innerhalb des Krankenhauses strukturieren können", erläuterte der Experte.
Eine vielfach zitierte Annahme ist, dass während der Zeit der Selbstisolation auch der Alkohol- oder Drogenkonsum zugenommen habe. Dazu Christoph Lagemann, Geschäftsfeldleiter des "Instituts Suchtprävention der "pro mente Oberösterreich": "Man kann es de facto nicht sagen". Verlässliche Zahlen liegen bis dato nicht vor, diesbezügliche Studien laufen noch. Um Krisen gut zu überstehen, sensibilisiert das Institut laufend für sogenannte "life skills" - das sind Lebenskompetenzen, wie etwa positiver Selbstwert oder kompetenter Umgang mit Stress. Dies geschieht durch verschiedene Programme für unterschiedliche Zielgruppen.
Quelle: kathpress