Landau: Grenzen schützen und Menschen schützen
"Wer nicht möchte, dass sich 2015 wiederholt, muss die Hilfe in den Krisenregionen verstärken und sich für eine gemeinsame europäische Lösung stark machen": Das hat der Caritas-Präsident Michael Landau in einem Interview in der Ö1-Radiosendung "Praxis - Religion und Gesellschaft" am Mittwoch betont. Zudem müsse es möglich sein, "Grenzen zu schützen und Menschen zu schützen", so Landau vor dem Hintergrund des abgebrannten Flüchtlingslagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Unter den über 12.000 obdachlosen Menschen seien auch Mütter mit Kindern: Diese gelte es nun speziell in den Blick zu nehmen, denn ein Lager "gleich wie es ausgestattet ist", sei kein guter Platz diese vulnerable Gruppe.
Als "extrem heikel" bezeichnete es Landau, in diesem Zusammenhang von einer Symbolpolitik zu sprechen. Wohl sei ihm klar, dass Österreich "nicht alle Kinder retten" könne, doch sei es niemals Symbolpolitik, einzelnen Kindern zu helfen. "Menschen sind nie Symbole, Menschen sind Menschen und wer ein Leben rettete, rettet die ganze Welt", unterstrich der Caritas-Direktor. Klarerweise könne nicht jeder Asylwerber auch Asyl erhalten, "aber Menschen, die Schutz suchen, müssen eine Chance haben, Schutz finden zu können".
Den verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria bezeichnete Landau als "Katastrophe mit Anlauf". Hilfsorganisationen hätten in den vergangenen Monaten immer wieder darauf hingewiesen, dass es vor Ort zu wenig Wasser und Hygieneeinrichtungen gibt. Die Corona-Pandemie habe zudem die Spannungen zwischen den Schutzsuchenden im Lager und den Bewohnern auf Lesbos verstärkt. Spätestens die erste Corona-Erkrankung in Moria sei für die Menschen "ein alarmierendes Zeichen" gewesen, "denn wie soll man sich die Hände waschen, wenn es kein Wasser gibt?"
Die Caritas Österreich arbeitet aktuell verstärkt mit Hilfsorganisationen auf Lesbos zusammen, u.a. mit Ärzte ohne Grenzen sowie Caritas Hellas. Gemeinsam bemühe man sich um "menschenwürdige" Zustände. Positiv hob Landau hervor, dass sich auch Österreich am Wiederaufbau des abgebrannten Lagers beteilige sowie die Verdoppelung des Auslandskatastrophenfonds auf 50 Millionen Euro zugesagt habe.
Die Regierung müsse aber auch die Hilfe und Unterstützung möglich machen, die von einer Reihe von Gemeinden - wie Innsbruck oder Wien - zugesagt wurde, forderte Landau. So hatten zahlreiche österreichische Städte und Gemeinden sich dazu bereiterklärt, Familien und Kinder aus Moria aufzunehmen. "Österreich hat hier Erfahrung", betonte Landau.
Flucht "Zeichen großer Verzweiflung"
Angesprochen auf den Asylbeauftragten des griechischen Migrationsministeriums, Manos Logothetis, der einen Transfer von Migranten und Flüchtlingen aus dem früheren Lager Moria ausschloss, meinte Landau, man müsse den Bewohnern des Lagers ebenso helfen wie auch den Inselbewohnern selbst. Der Caritas-Präsident widersprach dabei auch der Prognose vom viel diskutierten "Pusheffekt"; dieser sei empirisch nicht belegbar.
Flucht sei ein "Zeichen großer Verzweiflung", sagte Landau. Das werde besonders sichtbar, wenn Betroffene ihre Kinder mitnehmen oder manche Kinder alleine unterwegs sind. Damit sei u.a. auch die hohe Zahl an unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zu erklären. "So lange Krieg herrscht, so lang Menschen keinen Schutz und keine Perspektive finden, so lange mit Waffenhandel viel Geld verdient wird, so lange werden sich Menschen auf den Weg machen, auch nach Europa", konstatierte der Caritas-Präsident.
Die Forderung der österreichischen Bischöfe, nach den jüngsten Ereignissen auf Lesbos Verantwortung zu übernehmen und ein "faires Kontingent" an Geflüchteten aufzunehmen, sieht Landau als wichtiges Zeichen. Pfarren und Freiwillige hätten auch in Vergangenheit gezeigt, wie viel Kraft in einer "lebendigen Zivilgesellschaft" liegen könne und dass Österreich eine "gute Tradition des Miteinanders" habe - wozu auch Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie und das Rote Kreuz beigetragen hätten. Aktuell ortete Landau beim Thema Migration und Aufnahme von Flüchtlingen aber "viel Emotion, die vielleicht dem Wahlkampf geschuldet ist".
Quelle: kathpress