Glettler: Zu Flüchtlingsaufnahme keine verantwortbare Alternative
"Zur fairen Verteilung und Aufnahme von verzweifelten Flüchtlingen in Europa gibt es jetzt keine menschlich verantwortbare Alternative mehr": Dieses Wort des Innsbrucker Diözesanbischofs Hermann Glettler hat die "Tiroler Tageszeitung" (Freitag) als Hinweis darauf zitiert, dass "der Ruf nach Aufnahme von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos immer lauter" werde. Weitere Belege dafür seien entsprechende Stimmen aus verschiedenen Parteien: Auch Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne), Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und ÖVP-Landesrätin Beate Palfrader hatten sich zuletzt für eine Flüchtlingsaufnahme ausgesprochen.
Kirchlicherseits schloss sich am Freitag die katholische Friedensbewegung Pax Christi Österreich entsprechenden Appellen der Österreichischen Bischofskonferenz, der heimischen Ordensgemeinschaften, der Katholischen Frauenbewegung und Katholischen Jugend sowie zahlreicher Einzelpersonen an. Dass sich die Bundesregierung "noch immer nicht zu einer Notaktion zur Aufnahme von Flüchtlingen durchringen" könne, sei dem "Populismus" der türkisen Regierungsfraktion geschuldet. Deren christlich-soziale Schwesterpartei in Deutschland nimmt dagegen 1.500 Flüchtlinge auf, erinnerte Pax Christi. Die von der Regierung zuletzt beschlossenen Sachleistungen "sind gut, lösen aber die menschlichen Probleme nicht".
"Vermutlich u.a. wahltaktische Gründe" stünden hinter dieser Positionierung, heißt es weiter in der Aussendung vom Freitag. Der damit ausgedrückte Mangel an gesamteuropäischer Solidarität stelle den EU-Staatenbund grundlegend infrage, wies Pax Christi hin. Das mache besorgt, auch im Blick auf die nur grenzüberschreitend zu lösende Klimakrise.
Pax Christi Österreich forderte die umgehende Aufnahme eines anteiligen Kontingents von Flüchtlingen und appellierte an die Volkspartei, "sich nicht von populistischen Strömungen treiben zu lassen bzw. diese selbst zu befeuern, wenn etwa von 'Emotionalisierung' in Bezug auf Hilfeforderungen die Rede ist".
Glettler: "Das Elend schreit zum Himmel"
Auch Bischof Glettler hatte bereits vergangene Woche auf Instagram erklärt, die von der Bundesregierung vor Ort zugesagte Hilfe werde nicht ausreichen, eine systematische Evakuierung der Lager sei "unverzüglich notwendig". Glettlers Aufruf:
Folgen wir doch einigen europäischen Ländern und Papst Franziskus, der von Lesbos nach Rom einen humanitären Korridor eingerichtet hat.
Der Bischof dankte allen Einzelpersonen und Hilfsorganisationen, die sich mit größtem Einsatz für die Verzweifelten engagieren. Denn "das Elend schreit zum Himmel", so Glettler. "Tausende Menschen stecken in einer aussichtslosen Hölle - obdachlos und ohne Zukunft."
Am Freitag postete der Bischof Fotos von der Essensausgabe auf Lesbos an Flüchtlinge. "Die Situation vor Ort ist erschütternd", zeigte er sich auf Instagram betroffen. "Menschen stehen stundenlang in der Sonne an, kaum sanitäre Einrichtungen, Angst vor der Internierung im neuen Lager ... Gibt es nicht andere Optionen?"
Aufrüttelndes Video des Mauthausen Komitees
Das von Kirchenorganisationen mitgetragene Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ), das dem Vermächtnis der überlebenden Häftlinge des KZ Mauthausen und seiner Außenlager verpflichtet ist, hat am Freitag ein aufrüttelndes Video mit Bezug zur Causa und zum Jahresmotto "Menschlichkeit ohne Grenzen" veröffentlicht. Amber Weinber und Rouven Margules, Enkel von Opfern des Nazi-Terrors, schildern darin die Geschichte ihrer Großmütter, die als Jugendliche aus Wien flüchten mussten. Sie selbst seien heute nur hier, weil es damals Helfende gab, die Menschlichkeit bewiesen, ohne zu fragen, "ob dann vielleicht noch mehr kommen".
Für MKÖ-Vorsitzenden Willi Mernyi muss die damalige Haltung auch Vorbild für heute sein: "Wenn wir uns weigern, hungernde und frierende Flüchtlinge - unter ihnen viele Kinder - aufzunehmen, haben wir aus unserer Geschichte nichts gelernt." Das auf dem MKÖ-YouTube-Kanal abrufbare Video wird u.a. von der Katholischen Aktion beworben.
Quelle: kathpress