Schwertner: Humanitäre Lage auf Lesbos "nach wie vor dramatisch"
Die Not der Flüchtlinge auf Lesbos hält an, "die humanitären Zustände im neuen Camp Kara Tepe sind nach wie vor dramatisch": Das hat Klaus Schwertner, Geschäftsführender Direktor der Caritas Wien, von einem Lokalaugenschein auf der griechischen Insel berichtet, wohin er am Sonntag gemeinsam mit der Katastrophenhelferin Daniela Pamminger aufgebrochen ist. Die nach dem Brand im völlig überfüllten Flüchtlingslager Moria anderweitig auf Lesbos untergebrachten Menschen, darunter 40 Prozent Kinder, müssten ohne Duschen, ausreichende medizinische Betreuung und mit nur einer Mahlzeit pro Tag auskommen, so Schwertner in der ORF-Radiosendung "Religion aktuell" am Montagabend.
Auf seinem Facebook-Account äußerte der Caritas-Verantwortliche Sorge über für am Dienstag vorausgesagte Regenfälle, die bereits in der Vorwoche für chaotische Zustände im Camp Kara Tepe gesorgt hätten. Um zu verhindern, dass die Zelte ohne Boden erneut unter Wasser stehen, werde an notdürftigen Gräben rund um die Zelte gearbeitet. Und: "Niemand weiß, wie die Menschen über den Winter kommen sollen", warnte Schwertner vor einer weiteren Verschärfung der Lage. Es seien zwar bereits Betroffene aufs Festland oder in andere EU-Länder gebracht worden, dringend notwendig wäre aber eine großflächige Evakuierung. Dies ist nach Einschätzung des Caritas-Direktors eine "notwendige Soforthilfemaßnahme", wenn auch noch keine europäische Lösung.
Mittlerweile gebe es eine breite Allianz von Ländern, die sich bereit erklärten, Kinder und Jugendliche, aber auch Familien aus Lesbos aufzunehmen - "auch Österreich sollte hier einen Beitrag leisten", so der Appell Schwertners. Die mit 55 Millionen Steuergeld finanzierte Hilfslieferung aus Österreich lagert einstweilen noch immer in einer Halle auf dem Festland.
Flüchtlinge ohne Perspektive
Die Schutzsuchenden auf Lesbos seien ohne jegliche Perspektive, hätten "große Angst, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht, außer dass es hier im Winter noch schlimmer für sie wird", so Schwertner. Ein Familienvater habe verzweifelt mitgeteilt: "Niemals hätte ich gedacht, dass ich das einmal sagen werden: aber sogar in Moria war es besser als hier."
Gemeinsam mit Daniela Pamminger besucht Schwertner, bereits im März schockierter Besucher im Lager Moria, derzeit Lesbos und weitere Stationen auf dem griechischen Festland, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen und Hilfsprojekte zu evaluieren. Bereits vor der Abreise betonte er: "An einer Evakuierung von besonders verletzlichen Menschen - von Familien und Kindern, kranken und pflegebedürftigen Menschen - von den griechischen Inseln aufs Festland führt aus Sicht der Caritas kein Weg vorbei." Schwertner nannte es auch nach seinen aktuellen Eindrücken "völlig untragbar, wie viele Jahre diese humanitären Zustände auf europäischen Boden bereits hingenommen werden".
Spenden für weitere Hilfe erbeten
Für die aktuelle Hilfe nutzt die Caritas Österreich ihre langjährige Erfahrung bei Projekten gemeinsam mit Partner-Organisationen in Griechenland. In den vergangenen Monaten wurde der Einsatz ausgeweitet - mit Hygienepaketen für die Camps auf Lesbos und Chios, durch eine Kooperation mit Ärzte ohne Grenzen auf Samos, durch Aktivitäten zur Verbesserung der Wasser-, Sanitär-, und Hygienebedingungen in Lagern auf den griechischen Inseln.
Darüber hinaus unterstützt die Caritas ein Notquartier und die Versorgung für alleinstehende, besonders verletzliche Personen auf Lesbos. Dort wurde auch eine Organisation unterstützt, die Maßnahmen zur Sicherheit und Privatsphäre im Camp Kara Tepe errichtet. In Athen ermöglicht die Caritas gemeinsam mit der Caritas Hellas sowie der Caritas Schweiz den Betrieb eines Sozialzentrums, in dem Jobunterstützung, Bildungsmaßnahmen, Rechtsberatung, etc. für geflüchtete Menschen ermöglicht werden.
Die Caritas bittet um Spenden auf das Konto IBAN: AT92 6000 0000 0770 0004, Kennwort: "Menschen auf der Flucht". (Info: www.caritas.at/griechenland)
Quelle: kathpress