Evangelische Kirchen betonen Schöpfungsverantwortung
Im Zeichen des Klimawandels und der Bewahrung der Schöpfung stand der diesjährige Reformationsempfang der Evangelischen Kirchen am Dienstagabend in Wien. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka - gemeinsam mit dem reformierten Landessuperintendenten Thomas Hennefeld und dem methodistischen Superintendenten Stefan Schröckenfuchs Gastgeber des Empfangs in der Wiener Auferstehungskirche - erinnerte an die "gut evangelische Tradition, Verantwortung für diese Welt" zu übernehmen. Umwelt- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler rief dazu auf, "jetzt die Weichen zu stellen", gemeinsam Bewusstsein für den Klimawandel zu schaffen und Maßnahmen gegen die Klimakrise zu setzen.
Aufgrund der Corona-Pandemie konnte der traditionelle Empfang im Vorfeld des Reformationstags (31. Oktober) heuer nur mit einer stark reduzierten Zahl von Besucherinnen und Besuchern stattfinden. Erstmals wurde daher der Reformationsempfang live auf dem YouTube-Kanal der Evangelischen Kirche übertragen.
"Vorreiter und nicht Nachzügler"
"Christinnen und Christen sind es gewohnt, sich für etwas einzusetzen, bei dem die Kraft eines einzelnen Menschen nichts ins Gewicht zu fallen scheint", erinnerte Bischof Chalupka in seinen Grußworten. Zweifel an der Wirksamkeit individueller Maßnahmen zur Bewahrung der Schöpfung dürften daher nicht als Ausrede gelten, sondern sollten vielmehr ein Ansporn sein - gerade für die Evangelische Kirche in Österreich, die es gewohnt sei, "als Minderheit in der Diaspora zum Wohlergehen des Ganzen" beizutragen. "Wir müssen nicht darauf warten, bis uns politische Regelungen dazu zwingen, sondern können selbst Verantwortung übernehmen." Beim Bewusstsein um den ökologischen Fußabdruck und beim Klimaschutz wolle die Evangelische Kirche "Vorreiter und nicht Nachzügler sein", so Chalupka.
In ihrer Festrede betonte Ministerin Leonore Gewessler das Potenzial der Kirchen und Religionsgemeinschaften, Menschen in der Klimakrise dazu zu bewegen, Verantwortung zu übernehmen. Die notwendigen Schritte dafür, der fortschreitenden Erderwärmung Einhalt zu gebieten, seien bekannt. Nun gehe es darum, "Mut aufzubringen, die Antworten in Taten umzusetzen", so Gewessler. Die Politik könne dafür Rahmenbedingungen schaffen; den Religionsgemeinschaften gelinge es jedoch, die Menschen innerhalb der Gemeinschaft zu erreichen, der sie sich zugehörig fühlten, "nicht nur allein, sondern gemeinsam mit anderen."
Erwartungen junger Frauen
Vier junge Frauen aus unterschiedlichen religiösen Hintergründen drückten beim Reformationsempfang ihre Erwartungen angesichts des Klimawandels aus. "Wir müssen mehr machen, als ein Mal aufs Plastiksackerl zu verzichten", sagte Katharina Rogenhofer, Vorsitzende des Klimavolksbegehrens. Es brauche vielmehr "jede Bürgerin und jeden Bürger" ebenso wie ein "mutige Klimapolitik".
Edina Sadikovic von der Muslimischen Jugend erinnerte daran, dass sich Musliminnen und Muslime aus ihrem Glauben heraus für "Frieden und Gerechtigkeit" einsetzen wollen, als "junge Menschen geht es uns darum, Verantwortung gegenüber unserer Gesellschaft und Umwelt wahrzunehmen".
Die römisch-katholische Theologin Judith Klaiber wünscht sich eine Gesellschaft, die sich durch Solidarität und Gemeinwohlorientierung auszeichnet, die ein "Beieinander trotz Differenzen" organisiert und in der die Menschenwürde unantastbar bleibt.
Auf die kleinen Schritte zum Klimaschutz, die in einer Gemeinschaft wie der Pfarrgemeinde gesetzt werden können, wies Francesca Christ von der Evangelischen Jugend Salzburg-Tirol hin, "Kirche ist ein Ort, wo wir gemeinsam etwas schaffen können".
Gedenken an ermordeten Lehrer Samuel Paty
Vergeben wurden im Rahmen der Feier der Diakoniepreis für Sozialprojekte aus dem Bereich von Kirche und Diakonie sowie der Preis für die beste vorwissenschaftliche Arbeit im Fach Religion. Den mit 10.000 Euro dotierten und von den Raiffeisen Landesbank Oberösterreich gestifteten Diakoniepreis teilen sich 2020 die Projekte "Erdbeere-Schoko-Vanille" (Gols/Burgenland) und "DIyoungKonie" (Mödling/Niederösterreich). Während man in Gols versuchte, in Kooperation mit einer regionalen Eismanufaktur einen Ort der Begegnung und Inklusion zu schaffen, zielten die Initiatoren in Mödling darauf ab, das diakonische Engagement junger Menschen zu fördern.
Den Preis für die beste vorwissenschaftliche Arbeit im Fach Religion erhielt Emma Breit vom Wiener Musikgymnasium. Sie hatte sich in ihrer Arbeit mit der Frage der Grenze künstlerischer Freiheit auseinandergesetzt und dabei den Streit um islamkritische Karikaturen zum Ausgang genommen. Durch die Ermordung des französischen Lehrers Samuel Paty habe das Thema jüngst traurige Aktualität erhalten, so der für den Religionsunterricht zuständige Oberkirchenrat Karl Schiefermair. Er rief die Besucher dazu auf, innezuhalten, um so Solidarität mit dem französischen Lehrer auszudrücken.
Quelle: kathpress