Schriftstellerin Lewitscharoff hofft auf Gericht im Jenseits
Sibylle Lewitscharoff (66) erwartet sich nach dem Tod ein Gericht - eine für sie wesentliche Vorstellung, "die vielleicht mit der Angst, aber auch mit der Hoffnung verknüpft ist". Wie die renommierte deutsche Schriftstellerin im Interview der Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen auf die Frage nach ihren Jenseitsvorstellungen antwortete, stelle sie sich ein Gericht in dem Sinne vor, "dass das Leben auf eine brillante, vollkommen andere Art, als wir sie kennen, durchleuchtet wird". Somit würde das, was man als Sünden und als gute Taten "oder das vor sich Hinwursteln bezeichnen kann", noch einmal scharf und konturenreich vor die Verstorbenen herangetragen.
Anlass für diese Überlegungen der Bachmann-, Kaschnitz- und Büchner-Preisträgerin war ihr neues, gemeinsam mit Heiko Michael Hartmann verfassten Buch "Warten auf. Gericht und Erlösung: Poetischer Streit im Jenseits", das jüngst im Herder Verlag erschien. Dabei treffen zwei gerade erst Verstorbene im Jenseits aufeinander, die sich nur flüchtig kennen. Sie beginnen quasi auf einer Wartebank sitzend ein Gespräch über das Verhältnis von Leib und Seele, Sterben und Tod, über Gericht und Erlösung, Glauben und Nicht-Glauben. In die sehr gläubige weibliche Figur habe sie "etwas hineinprojiziert, was meinen vagen Vorstellungen entspricht", erzählte Lewitscharoff. Sie teile deren Art der "etwas lockereren Frömmigkeit, die auch leicht erschütterbar ist, aber dennoch immer vorhanden war im Leben, wiewohl ich protestantisch bin und sie ist katholisch".
"So etwas wie ein Gnadenstrahl"
Diese fromme ältere Dame glaubt daran, es sei möglich, mit einer einzigen, vom Herzen kommenden guten Tat Sünden aufzuwiegen - eine für die Autorin durchaus nachvollziehbare Vorstellung, wie sie sagte: "Ich finde, das ist eine geglückte Idee. Sie zeigt, dass jemand, der aus dem normalen Leben heraustritt, in dem er vielleicht nachlässig oder tendenziell bösartig ist, und plötzlich etwas Gutes tut, einen Sprung heraus in eine ganz andere Seinsverfassung macht". Diese Befindlichkeit sei von vornherein erlösungsfähiger als alles andere, was der Mensch so treibt. Auf diese Form der plötzlichen Hilfsbereitschaft oder Großzügigkeit falle "so etwas wie ein Gnadenstrahl", sagte Lewitscharoff.
Mit Co-Autor Heiko Michael Hartmann, einem mit ihr befreundeten Juristen und Schriftsteller, habe die studierte Religionswissenschaftlerin seit Langem ein Buch schreiben wollen. Die Idee eines Disputs im Jenseits sei einer gemeinsamen Überlegung entsprungen. Sie diskutiere mit Freunden manchmal über religiös-philosophische Themen - und das durchaus kontroversiell, "nicht fad".
Was erwartet uns nach dem Tod? Finden wir im Jenseits Vergebung und Erlösung? Oder ist nach dem Tod alles vorbei? Diese und andere Fragen werden von Sibylle Lewitscharoff und Heiko Michael Hartmann in "Warten auf" tiefgründig, aber auch humorvoll dargebracht, wie der Herder Verlag wirbt. Der Band umfasst 208 Seiten und kostet 20,60 Euro.
Quelle: kathpress