Landau: "Es braucht eine weltweite Corona-Bildungsoffensive"
Es braucht dringend eine weltweite Covid-19-Bildungsoffensive, damit Kinder trotz Konflikten, Krisen und Katastrophen lernen können. Mit diesem Appell hat Caritas-Präsident Michael Landau die diesjährige Caritas-Kinderkampagne eröffnet. Landau äußerte sich im Rahmen eines Online-Pressegesprächs und sagte wörtlich: "Es ist die Verantwortung der Regierungen, Ungleichheit und Armut, die durch die Pandemie verschärft werden, entschieden zu bekämpfen, mit dem Ziel, kein Kind zurückzulassen."
Die Pandemie verursache Bildungslücken und habe Auswirkungen auf das Leben jedes Kindes weltweit. Doch die langfristigen negativen Folgen würden vor allem die ärmsten Länder betreffen und dort wiederum jene Kinder, die unter den schwierigsten Bedingungen aufwachsen, so Landau. Ein Drittel der Schulkinder weltweit - in absoluten Zahlen 463 Millionen - hätten durch die Pandemie keinen Zugang mehr zu Bildung, schlug der Caritas-Präsident Alarm.
150 Millionen Kinder zusätzlich arm
Laut UNICEF könnten durch die Pandemie weltweit rund 150 Millionen Kinder zusätzlich verarmen. Ihnen werde der Zugang zu Gesundheitsversorgung, sauberem Wasser und Hygiene erschwert. Und zum ersten Mal in der Geschichte sei die Bildung einer ganzen Generation unterbrochen.
Ein Aspekt, der wenig beachtet werde: Für unzählige Kinder ist der Schulbesuch die einzige Möglichkeit zu einer warmen Mahlzeit pro Tag. So müssten nun für 368,5 Millionen Kinder in 143 Ländern weltweit, die bisher über Schulspeisungsprogramme ernährt wurden, neue Wege gefunden werden, um diesen Mangel auszugleichen.
Der Caritas-Präsident bekräftigte deshalb auch einmal mehr seine langjährige Forderung, wonach es eine Erhöhung der österreichischen Entwicklungshilfeausgaben auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens brauche, um Armut und Ungleichheit schon im Kindesalter zu beenden. Erste Schritte seien bereits geschehen, dieser Weg müsse aber konsequent fortgesetzt werden, so Landau.
Welttag der Bildung
Am 24. Jänner wird der Welttag der Bildung begangen. Die Bilanz zum Stichtag fällt dramatisch aus: In 188 Ländern weltweit gibt es Schulschließungen. 1,6 Milliarden Kinder und Jugendliche sind davon betroffen. Zwei Drittel davon erhalten Fernunterricht über Radio, Fernsehen oder Internet. Aber: "Im Hinblick auf den Welttag der Bildung ist es alarmierend, dass ein Drittel der Kinder gar keinen Zugang mehr zu Bildung hat und nur 30 Prozent der ärmsten Länder auf Fernunterricht umgestellt haben", warnte Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp im Rahmen des Pressegesprächs.
Knapp: "Ein Schulbesuch bedeutet für viele Kinder nicht nur Bildung und Zukunftschancen, es ist oft auch das Hinauskommen aus belastenden Familiensituationen oder die einzige Chance auf eine warme Mahlzeit." Zu den Konsequenzen der Pandemie und den Schulschließungen zähle beispielsweise auch, dass Mädchen verheiratet werden, "um wieder eine Esserin weniger am Tisch zu haben". Viele Kinder müssten zudem arbeiten gehen, "um einen Verdienstausfall der Eltern wettzumachen oder für die Geschwister zu sorgen", so Knapp.
Schwerpunktland Armenien
Eigentlich hätte die Caritas zum Start der Kinder-Kampagne eine Pressereise nach Armenien veranstalten wollen, ins Schwerpunktland der diesjährigen Aktion. Das war freilich coronabedingt nicht möglich. So fand die Reise - inklusive Pressegespräch - nur virtuell statt.
Gut zwei Monate nach Ende der Kämpfe in der Konfliktregion Bergkarabach sei zu befürchten, dass tausende Familien, die nach Armenien flüchten mussten, ihre Heimat permanent verloren haben, berichtete Andreas Knapp. Das bereits schwer von Covid und einer Wirtschaftskrise gezeichnete Armenien müsse für sie nun eine dauerhafte Lösung finden. Zudem bahne sich in Armenien eine schwere innenpolitische Krise an.
Bis zu 80 Prozent der Bevölkerung Berg-Karabachs - rund 90.000 Menschen, vor allem Frauen mit Kindern und alte Menschen - waren nach Armenien geflüchtet, berichtete Anahit Gevorgyan von der Caritas Armenien. Das Sozial- und Gesundheitssystem Armeniens sei am Zusammenbrechen. Zudem sei die politische Lage instabil. Unzählige Flüchtlingskinder seien vom Kriegsgeschehen schwer traumatisiert. "Die meisten Familien sind nur mit ihren Kleidern am Leib und vielleicht ein bisschen Geld geflohen. Sie mussten alles andere zurücklassen", so Gevorgyan.
Laut Gevorgyan sei gut die Hälfte der Flüchtlinge inzwischen wieder zurückgekehrt, in eine ungewisse Zukunft und in ein vom Krieg weitgehend verwüstetes Gebiet. Da aber ein großer Teil Berg-Karabachs von Aserbaidschan erobert wurde, gebe es für viele gar kein Zurück.
Die Caritas Armenien bemüht sich - mithilfe der Caritas Österreich - u.a. auch diesen Flüchtlingsfamilien bzw. Kindern zu helfen. Sei es mit der Unterbringung in Notunterkünften und deren Ausstattung mit Heizmöglichkeiten, mit psychosozialer Unterstützung für die Traumatisierten, medizinischer Hilfe bei chronischen Erkrankungen oder auch warmer Kleidung für Kinder. Eine besondere Herausforderung stelle auch die Versorgung der Neugeborenen dar. Corona- Hilfspakete gibt es für Flüchtlingsfamilien, aber auch für verarmte armenische Familien.
In Armenien und weltweit unterstützt die Caritas Österreich 90.000 Kinder beim Lernen. Im Zuge der Corona-Krise wurden im vergangenen Jahr zusätzlich 30.000 Kinder mit Nothilfepaketen unterstützt. "Jeder Euro ist wichtig und macht für ein Kind in Armenien oder anderen Ländern der Welt einen lebensentscheidenden Unterschied", appellierte Landau an die Solidarität und Spendenbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher.
(Caritas-Spendenkonto: Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, BIC GIBAATWWXXX Kennwort: Kinder in Not Online - Spenden: www.caritas.at/kinder)
Quelle: kathpress