Berg-Karabach: Am 27. September fielen die ersten Bomben
Für den neunjährigen Grigor ist seit dem Oktober 2020 nichts mehr so wie früher. Grigor versteckte sich gemeinsam mit seiner Mutter in einem kleinen Schuppen, als die Bomben auf seine Heimatstadt Stepanakert, die Hauptstadt von Berg-Karabach, fielen. "Ich hatte Angst, aber ich musste ruhig bleiben, mutig sein", erzählt Grigor. Seine Mutter floh mit ihm nach Armenien in die Stadt Gyumri, wo sie Unterschlupf bei einer Tante fanden. Mitnehmen konnten sie nichts. Keine Kleidung, kein Geld.
Auch andere Verwandte haben bei der Tante Zuflucht gefunden. Und so leben nun insgesamt 18 Menschen in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Acht davon sind Kinder. Und dabei haben es Grigor und seine Familie noch relativ gut getroffen. Denn viele der bis zu 90.000 Flüchtlingen aus Berg-Karabach müssen in weit schlechteren Notbehausungen ausharren. Zudem bekommen Grigor und seine Familie nun auch Unterstützung von der Caritas.
Der eingefrorene Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach ist am 27. September 2020 wieder aufgebrochen und dauerte bis zum 9. November. Die Streitkräfte Armeniens bzw. Karabachs hatten der aufgerüsteten Armee Aserbaidschans, die u.a. massiv von der Türkei unterstützt wurde, wenig entgegenzusetzen. Ein Großteil Karabachs wurde von den aserbaidschanischen Truppen eingenommen, bevor am 9. November unter der Ägide Russlands ein Waffenstillstand ausgehandelt wurde. Rund 6.000 Menschen starben im Krieg, 90.000 wurden vertrieben. Tausende Familien werden wohl für immer ihre Heimat in Berg-Karabach verloren haben.
Auch der 13-jährige Daniel musste sein Zuhause wegen des Krieges verlassen. "Wir waren in Stepanakert, als der Krieg am Morgen des 27. September begann", erinnert er sich. "Meine Großmutter schrie verzweifelt, dass etwas passiert sei. Wir gingen alle raus auf den Balkon und wussten sofort: Es war Krieg."
Sein Vater arbeitet in einem Krankenhaus und blieb zurück in der Heimat, um zu helfen. Auch seine behinderte Großmutter ist noch dort. Sein Großvater starb in den Kämpfen. In Gyumri in Armenien besucht Daniel jetzt die Schule. Außerdem lebt er mit seiner Familie in einer Notunterkunft, die von der Caritas zur Verfügung gestellt wurde.
"Wir sind sicher hier. Wir müssen hier keine Angst haben und haben alles, was wir brauchen. Und es macht mich glücklich, meine Mama und meine Brüder um mich zu haben", erzählt Daniel. Die Caritas unterstützt die Flüchtlingsfamilie mit Lebensmittel- und Hygienepaketen sowie psychologischer Betreuung. Letzteres passiert etwa in den Caritas-Sozialzentren "Der kleine Prinz", die auch von der Caritas Österreich unterstützt werden.
13-jähriger ersehnt Wiederaufbau
Armenien ist das Schwerpunktland der diesjährigen Caritas-Kinderkampagne. Mit der Hilfe aus Österreich werden beispielsweise die angesprochenen Sozialzentren unterstützt. Die dort betreuten Kinder hätten sich auch sicher sehr über den für Jänner geplanten Besuch österreichischer Journalisten gefreut. Doch die Caritas-Pressereise fiel Corona zum Opfer. Sie wurde daraufhin ins Internet verlegt.
Rund tausend Familien konnte die Caritas bisher helfen. Viele wissen nicht, ob sie je zurückkehren können. Und wenn doch - wovon können sie leben? Ihre Dörfer sind zerstört, die Schulen, Krankenhäuser, Betriebe ruiniert. Ob die Kinder dort jemals wieder zur Schule gehen können?
Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Daniel möchte jedenfalls wieder zurück. "Ich will meinem Vater dabei helfen, unser zerstörtes Haus wiederaufzubauen und meine Nachbarn unterstützen", sagt er. Vielleicht schafft er es einmal tatsächlich. Auch mit Hilfe aus Österreich.
(Caritas-Spendenkonto: Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, BIC GIBAATWWXXX Kennwort: Kinder in Not Online - Spenden: www.caritas.at/kinder)
Quelle: kathpress