Eisenstadt: Kirche feiert 60 Jahre Diözese und 100 Jahre Bundesland
Mit einem Festgottesdienst in Eisenstadt ist am Pfingstmontag das burgenländische Jubiläumsjahr feierlich beschlossen worden. Im Zentrum der via ServusTV österreichweit übertragenen Festmesse standen dabei der Dank für 60 Jahre Diözese und 100 Jahre Bundesland sowie die Bitte um einen lebendigen Glauben, um christliche Hilfsbereitschaft und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics erinnerte dabei auch an den "Ungeist der Zeit" und die "belastete Vergangenheit". Umso mehr gelte es "die Vielfalt in unserem Land, die Volksgruppen und Ökumene als Kostbarkeit und Bereicherung zu schätzen und zu schützen."
"Die Kirchen, Politik und Sozialpartner brauchen einander und müssen immer gegen Ausgrenzung und Unrecht die Stimme erheben, damit die Ungeister der Vergangenheit nicht zurückkehren, sondern Gottes Geist uns im gemeinsamen Haus Europa leitet", so der burgenländische Oberhirte und österreichische Europa-Bischof. Dass Diözese und Bundesland ihre Jubiläen feiern könnten, sei keine Selbstverständlichkeit im Blick auf ihre Anfänge. So habe das Burgenland 1921 als "Armenhaus" Österreich gegolten, und der Bischof erinnerte an die Katastrophe zweier Weltkriege, die schreckliche Nazi-Diktatur mit Ausrottung, Verfolgung und Vertreibung, und die Jahrzehnte am "Eisernen Vorhang".
Die Narben der jüngeren Geschichte seien noch da: das Auslöschen jüdischen Lebens im Burgenland, die Verfolgung der Roma, das Gegeneinander der christlichen Konfessionen, die Ausgrenzung der Minderheiten. Dazu Bischof Zsifkovics wörtlich: "Dabei war nicht Gottes Geist am Werk, sondern der Ungeist der Zeit vergiftete die Herzen der Menschen. Auch als Kirche und Kirchen müssen wir eingestehen, dass wir damals weithin geschwiegen und versagt haben und um Vergebung bitten!"
Mehrsprachiger Gottesdienst
In der mehrsprachig gestalteten Messe und auf Deutsch, Kroatisch und Ungarisch gehaltenen Predigt würdigte der Bischof die Vielfalt der Volksgruppen und das ökumenische Miteinander der Kirchen. Wörtlich sagte der Bischof in verschiedenen Sprachen: "Liebe Landsleute der kroatischen, ungarischen Volksgruppe und der Volksgruppe der Roma: Schämt euch nicht, euren Glauben, eure Muttersprache und Kultur in euren Familien, Pfarren, Schulen, Vereinen und Gemeinden zu pflegen. Gott hat euch ein besonderes Talent anvertraut, vergrabt es nicht, verschließt euch nicht, sondern gebt es weiter an eure Kinder und bereichert damit euer Leben, die Kirche, unser Land, Europa und die Welt."
Kirche dürfe kein Museum sein, sondern brauche den lebendigen Glauben der Menschen, um den der Bischof für Kirche und Land bat. Eine weitere Bitte des Bischofs betraf die christliche Bereitschaft zum Teilen. "Ich wünsche dem Land und der Diözese viele hilfsbereite Menschen, die - wie Papst Franziskus immer wieder sagt - die Armen unter uns nicht vergessen." Angesichts der vielfältigen Herausforderungen der Pandemie, in Umwelt und Gesellschaft gelte es, dass möglichst viele Menschen ihre Fähigkeiten in Kirche und Gesellschaft einbringen, und dabei "immer das Verbindende vor das Trennende stellen, wertschätzend miteinander umgehen, damit die Einheit in der Vielfalt bei uns erhalten bleibt", so der Bischof abschließend.
Doskozil: Dank für gutes Zusammenwirken
Am Ende der Feier dankte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil für das Zusammenwirken von Diözese und Land. Der "Schlussstein des Burgenlandes" sei die Gründung der Diözese gewesen. "Ohne Diözese wäre das Bundesland nicht komplett", so Doskozil, der an ein Wort von Bischof Zsifkovics während der Corona-Pandemie erinnerte: "Die Kirche ist die geistige Nahrung der Menschen," - "dieser Ausspruch des Bischofs ist richtig", so der Landeshauptmann, der betonte: "Die Kirche ist der wichtigste Pfeiler, wenn es um unsere christlichen Werte geht."
Ausdrücklich erinnerte der Landeshauptmann an das vorbildliche Wirken des jüngst verstorbenen burgenländischen Generalvikars Martin Korpitsch, dessen auch bei der Festmesse gedacht wurde.
Nuntius, Ökumene und Partnerdiözese gratulieren
Ihre Verbundenheit mit der Diözese Eisenstadt haben der Apostolische Nuntius in Österreich, der evangelische Superintendent, der griechisch-orthodoxe Metropolit sowie der Bischof der indischen Partnerdiözese in schriftlichen Grußworten für das Feierheft festgehalten. Erzbischof Pedro Lopez Quintana erinnerte dabei daran, dass die ersten Jahre der noch jungen Diözese vom Aufbruch und der Orientierung durch das Zweite Vatikanische Konzil bestimmt gewesen seien.
Der Repräsentant des Papstes unterstrich, dass das "Miteinander der Sprach- und Volksgruppen" als "vorbildlich" angesehen werden könne, ebenso wie das gute ökumenische Gespräch, vor allem mit den evangelischen Christen des Burgenlandes. Der Pastoralbesuch von Papst Johannes Paul II.1988 in Trausdorf an der Grenze zum "Eisernen Vorhang" sei das "wohl bedeutendste Ereignis der 60-jährigen Diözesangeschichte" gewesen.
Die ökumenische Situation hob auch Superintendent Koch hervor und hielt fest: "Das Nebeneinander der Konfessionen hat sich in diesem Zeitraum in vielen kleinen Schritten zu einem Miteinander gewandelt." Für den griechisch-orthodoxen Metropolit bringe die Lage an der geografischen und kulturellen Schnittstelle zwischen Ost und West mit sich, dass sich die Diözese als eine lebendige Brücke für die Ökumene und den geschwisterlichen Dialog der Kirchen und Kulturen verstehe. "Hier ist das uralte spirituelle Erbe der Orthodoxen Kirche, begründet auf Mönchen aus Byzanz und den Heiligen Kyrill und Methodios, ebenso spürbar wie die kostbare sprachliche und kulturelle Vielfalt des Donauraums in seiner einstmals so bedeutenden Große", so Erzbischof Arsenios.
Bischof Mar Jose Pulickal von der indischen Diözese Kanjirapally dankte für die vierzigjährige Partnerschaft. "Tausenden Menschen bei uns wurde Zukunft und Hoffnung geschenkt", so der Bischof im Blick auf die Diözesanpartnerschaft. Sie habe "Fruchte getragen" und sei "ein Segen für uns alle".
Eingeläutet wurde der Festgottesdienst vor und im Eisenstädter Martinsdom mit den Kirchenglocken aller Pfarren der Diözese. Unter den zahlreichen Mitfeiernden aus dem ganzen Bundesland waren zahlreiche Vertreter von Land und Stadt mit Landeshauptmann Doskozil an der Spitze. Die beiden ungarischen Mutterdiözesen Szombathely und Györ waren durch Diözesanbischof Janos Szekely und Prälat Ferenc Benkovich vertreten. Der frühere Eisenstädter Bischof Paul Iby feierte über das Fernsehen mit. Aus der christlichen Ökumene waren u.a. der evangelische Superintendent Manfred Koch und der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) gekommen.
Am Ende der Festmesse, die coronabedingt unter Einhaltung eines Mindestabstands und mit FFP2-Masken gefeiert wurde, fand die Segnung des Diözesanhauses am Platz vor dem Dom statt. Weil nach dem Gottesdienst keine gemeinsame Agape möglich war, erhielten alle Mitfeiernden beim Ausgang aus dem Gelände eine Versorgungstasche mit Speisen, Getränken und geistiger Nahrung.
Johannes XXIII. errichtete Diözese
Die Diözese Eisenstadt gibt es seit 15. August 1960, sie wurde vom Konzilspapst Johannes XXIII. mit der Bulle "Magna quae" errichtet. Der Weg bis zu diesem Tag sei "steinig" gewesen, so die nach Feldkirch zweitjüngste österreichische Diözese. Nicht der Dialog habe das Entstehen der Diözese und deren Vorgängerin - die Apostolische Administration des Burgenlandes ab 1922 - geprägt, sondern heftige Auseinandersetzungen. Die Angliederung der westungarischen Gebiete - des heutigen Burgenlands - an Österreich machte 1921 eine Neuordnung der kirchlichen Verwaltung notwendig. Die Abnabelung von den Mutterdiözesen Györ/Raab und Szombathely/Steinamanger geschah jedoch schrittweise.
Am 18. Mai 1922 wurde der damalige Erzbischof von Wien, Friedrich Gustav Kardinal Piffl (1864-1932) auch Apostolischer Administrator des Burgenlandes. Wichtigste Aufgabe war die Überwindung des Priestermangels, nachdem Pfarrer, Kapläne und Ordensleute in ihre ungarischen Heimatdiözesen zurückgekehrt waren. 1924 wurde der heilige Martin zum Landespatron des neuen Bundeslandes bestimmt.
Unter dem Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) fand die Aufbauarbeit ihre Fortsetzung: So wurden das Katholische Lehrerseminar sowie das Priester- und das Knabenseminar in Mattersburg errichtet; zudem wurde die Kirchenverwaltung von Wien nach Eisenstadt verlagert.
Erst 15 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes eine eigenständige Diözese errichtet: Am 15. August 1960 erließ Papst Johannes XXIII. die Gründungsbulle "Magna quae" und ernannte Stefan Laszlo (1913-1995) am 14. Oktober zum ersten Diözesanbischof, der bereits seit 1954 die Leitung der Apostolischen Administratur Burgenland innehatte; Nachfolger wurden 1992 Paul Iby und 2010 Ägidius Zsifkovics. Derzeit zählt die Diözese Eisenstadt rund 190.000 Katholiken.
Quelle: kathpress