Scheuer: Polizei und ihre Seelsorger sind "Anwälte des Lebens"
Als "Freunde und Anwälte des Lebens" hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer die Angehörigen der Polizei sowie auch deren Seelsorgerinnen und Seelsorger gewürdigt. So schwierig der Dienst der Sicherheitsbeamten oft auch sei, müsse man bei ihm dennoch genauso "den Fragen nach dem Woher, Wohin, Warum und Wozu nachgehen", unterstrich der Bischof am Dienstagnachmittag im Stift St. Florian, wo er mit zahlreichen Vertretern der Blaulichtorganisationen sowie deren Seelsorgern einen Dankgottesdienst zum 25-jährigen Bestehen der Polizeiseelsorge in Österreich feierte. Ohne moralische Orientierungen zur Sicherung des Sinns und der Legitimität der eigenen Berufsausübung lasse sich der Polizeiberuf weder ausüben noch auf Dauer aushalten, befand der Bischof.
Eindrücklich legte Scheuer dar, mit welchen schwierigen Situationen Polizeiangehörige und in Folge auch deren Seelsorger im Berufsalltag konfrontiert sind. Ständig drehe sich deren für Gesellschaft und Staat überaus wertvoller Dienst um Opfer und Täter, Unfälle, Kriminalität und Gewalt. Man sehe "die Sünde oft in ihrer brutalsten Form" und müsse in der Umsetzung des staatlichen Gewaltmonopols selbst legitime Gewalt ausüben, werde jedoch auch zum Ziel nicht-legitimer Gewalt. Von der Bevölkerung werde dieser Dienst nicht immer geschätzt, sondern im Gegenteil oft auch abgelehnt. Die Polizei stehe unter strenger rechtlicher Beobachtung und regelmäßig auch in öffentlicher Kritik; Dank für gelungene Rettung oder Schutz werde selten geäußert.
Als Belastung, die viel Fingerspitzengefühl erfordere, nannte Scheuer auch den Umgang mit dem Tod: Polizisten seien bei plötzlichem Kindstod, Unfällen Jugendlicher bis hin zu Opfern von Gewaltverbrechen oft unter den ersten damit Konfrontierten und müssten Todesnachrichten überbringen. Nahe sei ihnen der Tod jedoch auch dadurch, dass Polizeidienst mitunter eigene Lebensgefahr bedeute - und Berufsangehörige von Gewalt und Schusswaffen Gebrauch machen müssten. Es sei dabei eine "große ethische Leistung", den Spagat auszuhalten, einerseits der Gerechtigkeit dienen zu wollen und im Alltag oft "himmelschreiende Ungerechtigkeit" zu erleben - ohne sich dabei eigene Gerechtigkeit verschaffen zu wollen, wie der Bischof hervorhob. Nicht immer gelinge dies.
Hilfe als Ausgangsmotiv
Aus der Perspektive der Polizeiseelsorge sei es wichtig, daran zu erinnern, dass die uniformierten Polizisten geworden seien, "weil sie Menschen helfen wollten", fuhr der Bischof fort. Polizisten seien in ihrem Dienst als "konkrete Menschen, die Sicherheit geben und andere nicht im Stich lassen", gefragt, was auch eine humane und christliche Gemeinschaft auszeichne: Die Sorge und Verantwortung füreinander und der Beitrag, "Lebensräume zu schaffen, in denen die in Enge getriebenen Menschen Ja zum Leben sagen können", gehörten zum Kernbestandteil des Evangeliums.
Polizeiseelsorger versuchten, dies durch ihre Begleitung zu vermitteln und trotz "Niederlage-, Ohnmachts- und Demutserfahrungen nicht aufzuhören zu fragen, wo noch etwas für andere getan werden kann und wo auch Konflikte gewagt werden müssen", sagte Scheuer in seiner Predigt. Der Beistand müsse in solcher Weise geschehen, dass Menschen - speziell Polizisten und ihre Angehörigen - "nicht in ihrer Einsamkeit und Verstrickungen alleine gelassen werden". Vielmehr gelte es, nach Schuldfähigkeit und Verantwortung, ebenso jedoch auch nach aufbauenden Ressourcen wie etwa bereits geleisteten positiver Krisenbewältigung zu fragen.
"Es hilft, gemeinsam über die Eindrücke eines Einsatzes zu sprechen, damit diese gut verarbeitet und abgeschlossen werden können", sagte im Rahmen des Gottesdienstes der Gastgeber und Propst Johann Holzinger, der auch Landespolizeiseelsorger für Oberösterreich ist. Auch Militärbischof Werner Freistetter, Polizeiseelsorge-Bundeskoordinator Roman Dietler, Landeshauptmann a.D. Josef Pühringer sowie Vertreter von Militär, Rotem Kreuz und Feuerwehr waren bei der Feier mit anschließendem Festakt zugegen.
Zusammenarbeit seit 1996
Die Polizeiseelsorge in Österreich wurde am 1. August 1996 unter Militärbischof Christian Werner gegründet und hieß damals Exekutivseelsorge. 2002 wurde zwischen Bischofskonferenz und Innenministerium eine Vereinbarung über die katholische Seelsorge für Exekutivbeamte geschlossen und 2007 die Rechten und Pflichten der Polizeiseelsorge geregelt, bis 2020 in einem überholten Pastoralkonzept neue Schwerpunkte definiert wurden.
Die Polizeiseelsorge ist im katholischen Glauben verwurzelt, aber dennoch pluralistisch ausgerichtet. Sie steht Polizisten und Polizistinnen offen sowie in der Sicherheitsverwaltung Tätigen und deren Angehörigen - unabhängig von Religions- und Konfessionszugehörigkeit.
Polizeiseelsorger und -seelsorgerinnen sind dem jeweiligen Diözesanbischof verantwortlich, von staatlichen und polizeilichen Weisungen unabhängig und unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Gesprächs- und Aussprachemöglichkeit, Gottesdienste, Segnungen und Andachten, Hilfestellung bei ethischen Fragestellungen sowie Zusammenarbeit und Vernetzung mit anderen Einrichtungen, die Polizistinnen und Polizisten unterstützen wollen bestimmen die ehrenamtlich geleistete Tätigkeit. (Infos: www.pastoral.at/polizeiseelsorge)
Quelle: kathpress