Corona: Diözese Feldkirch richtete Blick auf "ungewisse Zukunft"
Die Corona-Pandemie bringt viele Unsicherheiten mit sich, lässt Verletzlichkeit und Ohnmachtsmomente sichtbar werden. Die Diözese Feldkirch widmete ihr diesjähriges Herbstsymposion am Montag und Dienstag im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast der Frage, welche Haltungen und Ressourcen angesichts einer "ungewissen Gegenwart und Zukunft" helfen könnten. Offenheit in der Gemeinschaft und im gemeinsamen Schaffen sei ein wesentlicher Bestandteil, um aus Krisen zu lernen und diese zu bewältigen. Das habe sich, wie die Diözese am Mittwoch berichtete, in Gesprächen während des Symposions herauskristallisiert. Wenn die christlichen Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung von Angst befreien, können sie stärkend wirken, so das Fazit des Münchner Sozialethikers Markus Vogt in seinem Referat.
Zu Wort kam auch die deutsche Psychologin Marion Schwermer mit der Feststellung, es werde keine Rückkehr zur Normalität wie vor Corona geben. Angesichts zwischenzeitlich leerer Kirchenbänke fragte sie nach einer "Relevanzkrise des Evangeliums". Ähnlich einer Handlungsanleitung ging der belgische Theologe Bert Roebben auf die religionspädagogischen Zukunftsperspektiven ein. Die Kinder und Jugendlichen brauchen Begleitung und Raum, um weltanschauliche Deutungshorizonte zu erforschen, so seine These. Zudem brauche es eine gemeinsame Sprache, um die transzendente Welt zu entdecken.
Hauptreferent Vogt meinte, die Frage, "Wer sind wir morgen?" stehe heute unter dem Eindruck erheblicher Unsicherheit. Er stellte eine Liedzeile des kanadischen Pop-Musikers Leonard Cohen als Motto über seinen Vortrag. Demnach sei in allem ein Riss, ein Sprung. Doch auf diese Weise komme auch das Licht herein. Vermeintliche Misserfolge, Umwege oder Wendepunkte führen laut Vogt "häufig erst zu persönlicher Entfaltung, Erfolg und Zielerreichung". Durch den "Riss" dringe die Wahrheit in die Seele, dass die menschliche Würde nicht davon abhängt, perfekt zu sein.
Es gebe Seiten des Menschlichen, der Liebesfähigkeit und des Glaubens, die erst in Zeiten der Ohnmacht und Verletzlichkeit reifen, wies der Theologe hin. Vogt sieht die größte Stärke des christlichen Glaubens darin, diesen Tiefpunkt der Existenz nicht zu verdrängen. Oft gehe mit Scheitern eine Umkehrung der Perspektive und innere Wandlung einher.
Tugenden der Resilienz
Doch nicht jeder Glaube mache gesund und widerstandsfähiger. Als Beispiel nannte Vogt einen angstbesetzten Glauben. Die derzeit starke Diskussion über Resilienz ist für den Sozialethiker ein Ausdruck von Krisenzeiten. Bei Resilienz gehe es um die Ressourcen eines Individuums und einer Gesellschaft für die Bewältigung von Schwierigkeiten. Die christlichen Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung sind für den Sozialethiker als Resilienzfaktoren durchaus relevant.
Der biblische Ausdruck "aman" für Glauben meine "sich verlassen auf Gott, ihm vertrauen, auf seine Verlässlichkeit setzen, um selbst Dauer und Verlässlichkeit zu gewinnen, fest, sicher, zuverlässig sein". Diese Form des Glaubens werde auch als Grund- oder Gottvertrauen bezeichnet. Dieses in die Zukunft gerichtete Vertrauen sei zudem das, was Hoffnung genannt werde. Wie der Glaube die "Basisstation" ist, so sei die Hoffnung der "Bewegungsvektor", betonte Vogt: "So, wie der Glaube in die Tiefe geht, geht die Hoffnung in die Weite."
Liebe gehe über das reaktive Streben nach Sicherheit, Kontrolle und Schutz vor Verwundungen hinaus und dränge auf eine Befreiung von Angst, meinte Vogt. Zudem gebe die sie dem Glauben und der Hoffnung "eine Richtung, eine auf den Nächsten ausgerichtete Zuwendung, die befreit und verwandelt".
Quelle: kathpress