Familienverband: Mehr Fokus auf familienorientierte Wirtschaft
Arbeit ist mehr als nur Erwerbsarbeit. Auch Familienarbeit und ehrenamtliche Arbeit sind für die Gesellschaft von unschätzbarem Wert. - Darauf hat der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) in einer Aussendung am Mittwoch hingewiesen. Zudem plädierte der KFÖ für eine "familienorientierte Wirtschaft" statt "arbeitsorientierter Familien". Diese Forderung hatte vergangenen Woche auch Sven Iversen, Vizepräsident der Europäischen Familienverbände (COFACE), erhoben. Mit der Vereinbarkeitsrichtlinie der EU konnten laut Iversen in dieser Richtung zuletzt erstmals Mindeststandards definiert werden. Iversen äußerte sich bei der Konferenz "Familie und Arbeit" in Graz, bei der die verschiedenen Dimensionen von Arbeit in den Blick genommen wurden.
"Arbeit ist das halbe Leben, was ist die andere Hälfte?", fragte bei der Tagung der Sozialethiker Prof. Leopold Neuhold von der Universität Graz und kritisierte die Verengung des Begriffs "Arbeit" auf die reine Erwerbsarbeit: "Viele für die Gesellschaft notwendigen Entwicklungen werden nicht als Arbeit gesehen", meinte Neuhold und sprach damit Tätigkeiten wie Pflege oder Familienarbeit an.
Der Arbeits- und Sozialrechtsexperte Prof. Wolfgang Mazal betonte in seinem Vortrag den großen Nutzen der Familienarbeit für die gesamte Gesellschaft. Er verwies etwa auf den Bereich Pflege: 80 Prozent der pflegebedürftigen Angehörigen werden innerhalb der Familie betreut. Auch die hohe Bedeutung der ehrenamtlichen Arbeit in Freiwilligenorganisationen und Kirche thematisierte Mazal, der seit kurzem als Präsident dem Katholischen Laienrat Österreichs vorsteht.
Dass Familienarbeit nicht als Arbeit gesehen wird, kritisierte auch KFÖ-Präsident Alfred Trendl. Es brauche dringend eine bessere pensionsrechtliche Bewertung der Teilzeitarbeit, damit Eltern aufgrund von Betreuungspflichten nicht in der Altersarmut landen. Trendl: "Bei der Altersteilzeit werden die Pensionsbeiträge von der Allgemeinheit übernommen. Diese Solidarität sollten wir auch Eltern entgegenbringen, die ihre Arbeitszeit reduzieren, um ihre Kinder selber betreuen zu können", sagte Trendl.
Familienministerin Susanne Raab wies ebenfalls auf die gesellschaftliche Bedeutung der Familienarbeit hin: "Echte Wahlfreiheit braucht auch genug und qualitätsvolle Kinderbetreuungseinrichtungen", sagte die Ministerin und kündigte mehr Geld für die Elementarpädagogik an. Zudem brauche es zum Ausbau der Väterbeteiligung "noch mehr Role Models und Positivbeispiele".
Beeindruckt von der familienpolitischen Situation in Österreich zeigte sich Vincenzo Bassi, Präsident der Föderation der Katholischen Familienverbände auf europäischer Ebene (FAFCE). Er war aus Rom angereist und thematisierte in seinem Beitrag den "demografischen Winter", die Überalterung der Gesellschaft. Er forderte mehr Familienfreundlichkeit in Gesellschaft und Erwerbsleben.
In diese Richtung argumentierte auch Sissi Potzinger, die Vorsitzende des steirischen Familienverbandes: "Was wir brauchen ist Family Mainstreaming. Wir müssen neue Gesetze - egal in welchem Bereich - auch auf ihre Familienfreundlichkeit abklopfen." Sie würdigte auch die geplante Erhöhung des Familienbonus: "Dadurch wird die langjährige Forderung des Familienverbandes erfüllt und das Existenzminimum für Kinder steuerfrei gestellt", sagte Potzinger.
Die Tagung fand auf Einladung der Stadt Graz, der Europäischen Europäischen Familienverbände (COFACE) und des steirischen Katholischen Familienverbandes statt. Sie war ein Beitrag des Familienverbandes zu der von der katholischen Kirche ausgerufenen "Woche der Familie".
Im Vorfeld der Grazer Tagung waren FAFC-Präsident Bassi und KFÖ-Präsident Trendl in Wien mit Kardinal Christoph Schönborn zusammengetroffen, um sich über familienpolitische Themen auszutauschen.
Quelle: kathpress