Marketz: Lasse mir Friedensvision von Putin nicht nehmen
Auch die Kirche ist nach den Worten von Bischof Josef Marketz vom Ukrainekrieg stark herausgefordert und muss der Gefahr widerstehen, "sich herauszuhalten und andere entscheiden zu lassen", da dies autoritäre Regimes bloß stärke. "Glaube ist eine starke innere Überzeugung und Kraftquelle dafür, dem auch entgegenzutreten", erklärte der Bischof von Gurk-Klagenfurt in der Ostersonntags-Ausgabe der "Kleinen Zeitung". Marketz äußerte sich im ersten Teil eines Doppelinterviews, an dem außerdem auch der evangelische Superintendent Manfred Sauer teilnahm.
Angesichts des nahen Krieges sei zu Ostern diesmal die Stimmung "gedämpft", bekannte Marketz. Die Geschehnisse würden dazu anhalten, "noch einmal intensiver über unsere christliche Antwort nachzudenken". Für ihn gehe es darum, durch das gemeinsame Verhalten ein "Gegenbild" zum Krieg zu zeichnen. "Der Friede ist sehr nahe. Diese Vision lasse ich mir von niemandem nehmen, auch nicht von Herrn Putin", betonte der Bischof. So naiv kirchliche Friedensforderungen auch anmuten würden, sie müssten dennoch ausgesprochen werden, ebenso wie die nach Österreich gekommenen Flüchtlingen Hilfe erfahren müssten.
Besonders jedoch sei Solidarität mit der Ukraine durch Bereitschaft zum Verzicht vonnöten, befand der Bischof mit Blick auf noch härtere Sanktionen gegen Russland. "Wir müssen auf Wohlstand verzichten, indem wir riskieren, ohne russisches Gas auskommen zu müssen." Achtsamerer Umgang mit der Energie und eine geringere Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle zugunsten eines Ausbaus nachhaltiger Energiegewinnung seien ohnehin Gebot der Stunde. Marketz zur Frage nach der Vereinbarkeit von Waffenlieferungen mit dem christlichen Glauben: "Wenn es um das eigene Überleben geht, ist Verteidigung erlaubt."
Ähnlich äußerte sich auch Superintendent Sauer. Auch als "überzeugter Pazifist" müsse er "die Logik zur Kenntnis nehmen, dass Diktatoren und Größenwahnsinnige nur in die Schranken gewiesen werden können, wenn sie sehen, dass sie auch Schlimmes zu befürchten haben", sagte der Spitzenvertreter der evangelischen Kirche in Kärnten. Zwar gehe die Sorge vor einem Weltkrieg um, "aber irgendwie lassen wir die Ukraine doch ziemlich im Stich. Was wäre gewesen, wenn 1938/39 alle Alliierten aufmarschiert wären und Hitler in die Schranken gewiesen hätten? Was wäre passiert, wenn sich jetzt die westliche Allianz geschlossen an die Seite der Ukraine gestellt hätte? Vielleicht hätte das Putin doch abgeschreckt", so Sauer.
Krautwaschl: Weiter zum Frieden mahnen
Dass die katholische Kirche nicht müde wird, die Perspektive des Friedens in die Welt zu tragen, hat in der Steiermark-Ausgabe der "Kleinen Zeitung" sowie in einem weiteren Osterinterview mit dem "Kurier" der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl erklärt. Christen seien von der Zukunftsperspektive "sich aufeinander einzulassen statt aufeinander einzuschlagen" beseelt und habe dies von den jeweiligen Päpsten abwärts ständig eingemahnt. Gesprächskanäle gelte es zu nutzen, befand der steirische Oberhirte mit Blick auf den Besuch von Bundeskanzler Karl Nehammer beim russischen Präsident Wladimir Putin - welcher ähnlich wie der Gang von Papst Franziskus zur russischen Botschaft allenfalls ein "Zeichen" gewesen sei, wobei gelte: "Erwarten konnte man sich dabei nichts."
Zum derzeit in der Weltkirche laufenden "Synodalen Weg" erklärte Krautwaschl, man sei dabei vom Papst "vielleicht auf dem falschen Fuß erwischt worden", zumal in Österreich stets alles von langer Hand geplant werde. Zwar gebe es gerade unter älteren Generationen oft die Skepsis, sich einzubringen, nachdem frühere Äußerungen auf keinen nennenswerten Widerhall gestoßen seien. "Interessanterweise haben sich dann die Jungen gemeldet: 'Entschuldigung, wir sind noch nie gefragt worden'", berichtete der Grazer Bischof. Wichtig sei aus seiner Sicht nicht so sehr, "was wir nach Rom hier abliefern, sondern: Wie gehen wir damit in der Diözese um?"
In der Diözese Graz-Seckau wolle man die Synoden-Vorbereitung in den diversen Gremien in sechs Themenbereichen weiterverfolgen, darunter auch "die Rolle der Frau", "Wertschätzung für Priester und andere Verantwortungsträger der Kirche", berichtete Krautwaschl. Schließlich gebe es in der Kirche nicht nur einen Priestermangel, sondern auch einen Mangel an Religionslehrkräften oder an Pastoralassistentinnen und -assistenten. Das Priesteramt solle als "Dienst für die Menschen" verstanden werden: "Ein Priester ist nicht der Chef, sondern der, der den Chef präsent macht. Jesus ist der Chef", so Krautwaschl. Der Synodale Weg sei ein neuer Umgang miteinander, der wohl auch Muster für andere, künftige Fragen sein werde.
Zur Frage nach dem Umgang der Kirche mit der Corona-Pandemie erklärte Krautwaschl, man habe die eigene Verantwortung ernst genommen, dabei aber die Kirchenräume nie geschlossen und auch nie nach Impfnachweisen gefragt. Angesichts von Impfverweigerern im eigenen Klerus müsse man "lernen, damit umzugehen" und die ganz unterschiedlichen Motivationen dafür sehen. "Man muss mit jedem reden, man kann nicht einfach drüberfahren", so der Bischof. Für die Impfpflicht ausgesprochen habe sich die Kirche entgegen gängiger Darstellungen nicht. Krautwaschl: "Wir haben gesagt, dass es dem Staat aufgrund des Gemeinwohls als Ultima Ratio zusteht, ein Gesetz zur Impfpflicht zu erlassen. Wenn der Staat meint, dass nichts anderes mehr hilft als eine Impfpflicht, dann kann er das machen. Aber das ist keine Zustimmung unsererseits."
Quelle: kathpress