Familienverband: Kindergartenmilliarde ist verpasste Chance
Scharfe Kritik an der Strategie des Bundes für die Kinderbetreuung hat der Katholische Familienverband geäußert. Mit der sogenannten "Kindergartenmilliarde", die für den Ausbau der Betreuungsplätze in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung gestellt wird, sei eine "Chance verpasst" worden, befand Verbandspräsident Alfred Trendl in einer Aussendung vom Mittwoch. Der durch Studien belegte Wunsch der Eltern, sowohl Zeit für ihre Kinder zu haben als auch erwerbstätig zu sein, werde völlig ignoriert, was "familienfeindlich" sei, erklärte Trendl. Bezeichnend sei, dass bei der aktuellen 15a-Vereinbarung "fünfmal der Begriff Vollzeitbeschäftigung, die Begriffe Wahlfreiheit und Teilzeit aber nicht erwähnt werden". Offensichtlich würden nur Interessen der Wirtschaft bedient.
Künftig erhalten die Bundesländer Geld, wenn sie beispielsweise zusätzliche Betreuungsplätze schaffen, qualitativ hochwertige Angebote zur Verfügung stellen, Öffnungszeiten verlängern, den Betreuungsschlüssel senken oder sprachliche Frühförderung anbieten. Intention der Vereinbarung ist es, unter Berücksichtigung des Bedarfs und der regionalen Gegebenheiten ein qualitätsvolles und leistbares elementares Bildungsangebot in einem solchen Ausmaß anzustreben, dass eine Vollzeitbeschäftigung von Eltern möglich ist. Verstärkt investiert werden soll insbesondere in Betreuungsplätze für Unter-Dreijährige. Hier liegt die Betreuungsquote derzeit bei 29,9 Prozent und damit hinter dem sogenannten "Barcelona-Ziel" des Versorgungsgrades von 33 Prozent.
Der Ausbau der Betreuungsplätze sei "kein Allheilmittel" und erhöhe nicht zwingend die Vollerwerbstätigkeit, da Eltern auch Zeit für ihre Kinder wünschten, verwies Trendl auf Ergebnisse einer im Sommer 2021 durchgeführten repräsentativen Studie. Das "Barcelona-Ziel" hinterfragte der Familienverbands-Präsident, stelle doch für viele der Unter-Dreijährigen die Betreuung durch Großeltern und Tageseltern eine wichtige Alternative zum institutionellen Betreuungsangebot dar. Trendl: "Diese Betreuungsform ist in der Kindertagesheimstatistik aber nicht berücksichtigt und wird damit - im Gegensatz zum Beispiel Frankreich - auch nicht beim Barcelona-Ziel berücksichtigt." Auch familienähnliche Angebote wie der "Omadienst", die Randzeiten über die Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen hinaus abdecken, würden von der nun getroffenen 15a-Vereinbarung außer Acht gelassen.
Selbstverständlich bedeute Wahlfreiheit ein ausreichendes Angebot qualitätsvoller Kinderbetreuungs-Plätze, stellte Trendl klar. Angesichts der fehlenden Elementarpädagoginnen bleibe jedoch völlig unklar, "wie ein qualitätsvolles leistbares Bildungsangebot zur Verfügung gestellt werden soll". Der Familienverbands-Präsident erinnerte hier an die regelmäßigen Demonstrationen der Pädagoginnen für bessere Arbeitsbedingungen. Dass angesichts des evidenten Personalmangels Öffnungszeiten verlängert und gleichzeitig Gruppengrößen verkleinert werden, sei "geradezu denkunmöglich", kritisierte Trendl. Handlungsbedarf sei deshalb vor allem bei der Ausbildung und der Bezahlung - Schalthebel, mit denen die Länder die Attraktivität des Berufes steigern müssten. Trendl: "Nur mit Geld, das vom Bund kommt, ist das Problem nicht zu lösen."
Quelle: kathpress