"TelefonSeelsorge" berichtet vom Aufwachsen in ungewissen Zeiten
Schon die andauernde Corona-Pandemie macht den Menschen in Österreich zu schaffen. Dazu kam nun der Ukraine-Krieg und gemeinsam mit der Klima-Krise wurde aus dem Lebensgefühl "Corona" das Lebensgefühl "Krise". Das führe in Familien vermehrt zu Spannungen und Streitigkeiten, wie Silvia Breitwieser, Leiterin der "TelefonSeelsorge OÖ - Notruf 142" anlässlich eines Pressegesprächs am Dienstag in Linz berichtete. Die Spannungen seien "ganz normal und in engen Beziehungen unvermeidlich", so Breitwieser: "Worauf es ankommt, ist der Umgang mit diesen Herausforderungen. Sind Brüche entstanden, sollten sie repariert werden - durch Nachdenken über das eigene Erleben, Zuhören, Nachbesprechen und Entschuldigungen."
Werden etwa Konflikte verdrängt oder weggelächelt, brechen sie zu einer (un-)passenden Gelegenheit mit voller Heftigkeit wieder hervor, erläuterte Breitwieser. Wichtig sei es, im Gespräch zu bleiben und Kindern die Situation zu erklären.
Erscheint es unmöglich, den Konflikt gemeinsam zu lösen, sollten sich Eltern unbedingt Hilfe von außen holen. Das "ElternTelefon", das vom Familienreferat des Landes OÖ unterstützt wird, ist in solchen Situationen ein erster Ansprechpartner. Unter der Nummer 142 ist es an allen Tagen des Jahres rund um die Uhr, vertraulich und kostenlos erreichbar. Und das innerhalb der eigenen vier Wände, in der Akutsituation, ohne den eigenen Namen nennen oder einen Beratungstermin vereinbaren zu müssen. Die Mail- und Chatberatungen können anonym und kostenlos auf www.onlineberatung-telefonseelsorge.at in Anspruch genommen werden.
Über die Folgen von zwei Jahren Pandemie für Kinder, Jugendliche und Eltern sprach Breitwieser mit Barbara Lanzerstorfer-Holzner (Projektleiterin "ElternTelefon 142"), Julian Angerer (Landesobmann "Union Höherer Schüler OÖ" und Mitinitiator des "Mental Health Jugendvolksbegehrens") und Andrea Boxhofer (Geschäftsführerin "Diakonie Zentrum Spattstraße"). Sie gingen der Frage nach, wie es sich anfühlt, in Zeiten wie diesen aufzuwachsen.
Ängste der Kinder ernst nehmen
Lanzerstorfer-Holzner ging auf jene Familien ein, in denen Eltern die eigenen Ängste nicht kontrollieren können und diese auf ihre Kinder übertragen. Denn: "Kinder sind wie Schwämme, sie spüren die Stimmungen der Eltern und erkennen zudem, wenn Mimik und Gestik nicht zum Inhalt des Gesagten passen. Daher ist es wichtig, die eigenen Ängste so gut es geht zu regulieren und von Dramatisierung wie Überbehütung abzusehen", erklärte sie. Essenziell sei es auch, Fragen altersgerecht zu beantworten. Hilfreich könne es sein, sich vor der Beantwortung noch Informationen einzuholen, denn "Eltern müssen und können nicht alles wissen", betonte Lanzerstorfer-Holzner.
Auch Andrea Boxhofer berichtete über die Auswirkungen der letzten beiden Jahre auf Kinder, Jugendliche und Familien. Mitten in der Coronazeit sei das Projekt "Schatzkiste" entstanden. "Familien werden von der Kinder- und Jugendhilfe zugewiesen, weil sie den Alltag zu Hause allein nicht so schaffen können, dass das Kindeswohl gesichert ist. Von Montag bis Freitag werden hier tagsüber Mütter mit Babys und Kleinkindern betreut", schilderte Boxhofer und verwies auf weitere Hilfen des evangelisch-methodistisch getragenen Hilfswerks, wie etwa sozialpädagogische Familienbetreuung oder das mobile Familiencoaching.
Julian Angerer, Landesobmann der "Union Höherer Schulen OÖ" erklärte: "Die vergangenen Jahre waren für uns Junge eine harte, anstrengende und nervenzerrende Zeit. Von heute auf morgen keine Schule mehr, der Kontakt zu Freunden fand nur mehr über den digitalen Weg statt. Was anfangs noch Spaß am Videochatten und Unterricht von zu Hause aus machte, entwickelte sich rasant zu einer dunklen Zeit." Auf Ängste und Sorgen der Jugendlichen hätten viele Erwachsene oft verständnislos reagiert. Deshalb habe er mit anderen jungen Menschen das "Mental Health Jugendvolksbegehren" initiiert und "zum Glück von Anfang an vollste Unterstützung erhalten".
Quelle: kathpress