Linz: Debatte über "Freiheit, Frieden und Verantwortung"
"Frieden würde bedeuten, zu lernen, mit Spannungen umzugehen und nicht, andere moralisch zu disqualifizieren." Das betonte Gerold Lehner, Superintendent der evangelischen Kirche A.B. in Oberösterreich, bei einer "Debatte über die Rolle der Einzelnen und der Gesellschaft für eine friedliche Zukunft". Die Diskussionsrunde zum Thema "Freiheit, Frieden und Verantwortung" fand im Rahmen der "Langen Nacht der Kirchen" am Freitag in der Katholischen Privat-Universität Linz statt. Superintendent Lehner nannte einen innerchristlichen Streitpunkt, wie etwa das Thema Musik als Beispiel. Insgesamt verwies er auf den "Dreieinen Gott" als Rückbezug für Menschen.
Für Lehner ist es nicht unproblematisch, dass im modernen Bildungskontext oft scheinbar unreflektiert "der Mensch" in den Mittelpunkt gestellt wird, statt den Menschen als Teil eines Größeren zu sehen.
Mit dem Superintendenten diskutierten Nina Horaczek, Chefreporterin bei der Wochenzeitung "Falter" und Buchautorin, sowie Hermann Schneider, Intendant des Landestheaters Linz. Schneider übte Selbstkritik an der Gesellschaft: "Wir meinen, die Verantwortung abgeben zu können", an die Politik, Journalismus, Wirtschaft, Handel oder anderweitig Beschäftigte. Das sei aus seiner Sicht ein "Grundübel". Gleichzeitig fühle er sich ohnmächtig, etwas zu bewegen. "Ich glaube, man muss bei sich selbst anfangen und fragen, wo kann ich selbst anfangen?" Schneider verwies auf die "FridaysforFuture"-Bewegung. "Ich glaube, das ist etwas ganz Entscheidendes", bekräftigte er. "Im besten Fall geben wir den Frieden weiter!"
Aus journalistischer Perspektive betonte Horaczek: "Auch Journalismus kann man nicht außerhalb der Gesellschaft sehen. Wir sind Teil davon."
Schneider stellte weiters den Begriff der Utopie jenem der Verantwortung gegenüber und betonte in Hinblick auf den Ukraine-Krieg: "Wir können das Problem nicht mit Waffen lösen." Darüber war sich die Gesprächsrunde einig.
Im Laufe der Diskussion wurde Kritik an der internationalen Politik und an der neoliberalen Leistungsgesellschaft laut. Horaczek sah es als "gefährlich" an, in sozialen Dienstleistungen jeden Handgriff zu berechnen. Denn dann bleibe kaum Zeit für Menschen und Beziehungen. Sie forderte bessere Bildungschancen für Kinder und erinnerte, dass es möglich wäre, den Hunger auf der Welt zu beenden.
Horaczek weiter: "Wenn wir es je konnten, haben wir es verlernt, uns Frieden vorzustellen." Sie kritisierte, dass in die Rüstungsindustrie weltweit jährlich 2 Billionen US-Dollar investiert würden. Demgegenüber werde viel zu wenig in Entwicklungszusammenarbeit und gegen den Hunger unternommen.
Quelle: kathpress