Graz: "Kultum"-Ausstellung zeigt überraschende Glaubenswerbung
"Überraschende Glaubenswerbungen der Katholischen Kirche" sind seit Mittwochabend im Grazer "Kultum" zu sehen. Die Schau "De Propaganda Fide" stellt den Ausstellungsbeitrag des Kulturzentrums bei den Minoriten zu einem Themenschwerpunkt des diesjährigen Steirischen Herbstes dar, der in insgesamt sechs Ausstellungen der "Kunst der Verführung" anlässlich von "100 Jahre graphic design" gewidmet ist. Bis 14. Jänner 2023 stellt die Ausstellung die Frage, wie man das Begehren der Religion, des Glaubens und der Kirche als öffentliches Werben um Zustimmung verhandeln kann. Laut "Kultum"-Leiter und Kurator Johannes Rauchenberger wurzelt der nicht mehr zeitgemäße Titel "De Propaganda Fide" im Barock, "als der Slogan gar nicht peinlich erschien".
Das öffentliche Erscheinungsbild von Kirche werde hierzulande noch immer nachhaltig von dieser Kunstepoche während der Gegenreformation geprägt - das gilt auch für das "Kultum" selbst, in dem die Fresken des neu renovierten Minoritensaals, aber auch Fassade und Bilder der angrenzenden Mariahilferkirche leuchtende Beispiele für barocke Pracht sind und Teil der Ausstellung sind. Als Museum für Gegenwartskunst und Religion wolle sich das "Kultum" "nicht um die Geschichte drücken", wie Rauchenberger festhielt.
Der Theologe und Kunsthistoriker möchte in der Schau auch die "Doppelbödigkeit" thematisieren, wenn es um religiöse Werbung geht: sichtbar in der "Allianz von Messianismus und Macht, von moralischen Appellen und Scheinheiligkeit, von Religion und Nationalismus, Glaube und Irrationalität, von Betteln und Reichtum und so fort". Im Barock sei man "nicht zimperlich" gewesen, was die Propaganda fidei durch Bilder angeht.
Kirchenplakate als Zeitzeugen
Gemeinsam mit den historischen Kunstschätzen vor Ort und mit solchen zeitgenössischer Kunst werden etwa Plakate der Diözese Graz-Seckau seit Beginn der 1970er-Jahre gezeigt, die von Selbstkritik, einer Einmischung in die Gesellschaft und vom Mut zur Kirchenreform erzählen. "Die aber stecken blieb!", wie Rauchenberger hinzufügte. Die in den Plakaten sichtbar werdenden massiven Reibungsflächen würden diese zur Vorhut für spätere kirchliche und gesellschaftliche Großkonflikte machen.
Andererseits begleite die Ausstellung auch "zeitdiagnostische Schärfe", so der Kunstexperte. "Denn nach Glaubenspropaganda ist uns allen in einer kirchlichen und gesellschaftlichen Phase extremer Krisen, der Erschöpfung, des Auseinanderdriftens nicht zumute." Zu sehen sind Arbeiten u.a. von Richard Kriesche, Alois Neuhold, Ewa Harabasz, Nives Widauer und vom Künstlerduo "zweintopf".
Der Ausstellungstitel geht auf den Palazzo di Propaganda Fide zurück, das "Stadt-Kolleg zur Verbreitung des Glaubens". Das war die 1622 gegründete Zentrale der Missionierung in der Ewigen Stadt, wo bis heute das Vatikan-Dikasterium für die Evangelisierung untergebracht ist. Das Palais markiert laut Johannes Rauchenberger jene erste Jahrhunderthälfte des 17. Jahrhunderts, die "Barock in Rom" bezeichnet wird - "genau jene Zeit, als die Mariahilferkirche und das Minoritenkloster in Graz gebaut worden sind". (Info: www.kultum.at)
Quelle: kathpress