Tagung: Katholisches Plädoyer für alternative Bildungsräume
Katholische Erwachsenenbildung ist angehalten, alternative Bildungsräume zu eröffnen in einer Gesellschaft, wo Wissen stark kapitalisiert und ökonomisiert ist und im Dienste individueller Karrieren steht. Das hat die Wiener Pastoraltheologin Prof. Regina Polak eingemahnt: Nachsatz: "Bildung ist viel, viel mehr als das". Polak äußerte sich am Freitag im Rahmen eines Symposiums des Forums Katholischer Erwachsenenbildung in Österreich (Forum KEB). Die Tagung im Wiener Kardinal König Haus stand anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums des Forums unter dem Motto "BILDung (in) einer künftigen WELT". Polaks Forderung wurde von den weiteren Vortragenden und Diskutanten aufgegriffen und vertieft.
Polak zeigte auf, "was katholische Erwachsenenbildung von einem jüdischen Lernverständnis lernen kann". Dazu gehöre historisch gesehen "ein Verständnis von Lernen, das ganz stark auf die Förderung von Autonomie von Freiheit, von selbstständigem und verantwortungsbewusstem Denken zielt". Es sei egalitär und habe zugleich einen Blick auf die Marginalisierten in der Gesellschaft. "Auch die Kinder, die Armutsbetroffenen, die Sklaven, die jungen Menschen müssen lernen können", betonte Polak.
Dabei solle die "Fähigkeit des Argumentierens" eine zentrale Rolle spielen und die "Kritikfähigkeit gegenüber religiösen und politischen Missständen" gefördert werden. Polak: "Das war und ist nicht immer angenehm für Leitungspersonen, aber das ist eine Bildungsrevolution, die in Gang gesetzt worden ist."
Polak zeigte sich weiters überzeugt: "Für unsere Gesellschaft, aber auch für die Katholische Erwachsenenbildung ist der intergenerationale Dialog zentral." Ein spezielles Augenmerk solle dabei auf den Fragen, Beiträgen und Kompetenzen junger Menschen liegen, "für die wir jetzt als die ältere Generation Weichen stellen. Das dürfen, können wir nicht alleine machen. Das müssen wir mit jungen Menschen gemeinsam machen." Das sei auch ganz im Sinne von Papst Franziskus, betonte Polak.
Vielfache Aufgaben von Bildung
Auf den Papst nahm auch der stellvertretende Leiter des Katholischen Bildungswerks Salzburg, Andreas Weiß, im Rahmen einer Podiumsdiskussion Bezug. Er sei inspirierend für eine neue Art von Bildungsarbeit. "Er nimmt auch die Krisen der Gegenwart als Anstoß für seine Katechesen und Impulse, die er den Menschen weitergeben möchte", so Weiß. Damit sei Franziskus "in guter Gesellschaft", denn, so Weiß: "Papst Johannes XXIII. hat eine revolutionäre Idee in die Kirche hineingebracht, nämlich die doppelte Lehrmeisterin".
In der Enzyklika "Mater et magistra" werde die Kirche als "Lehrmeisterin" bezeichnet. Bei der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils habe er diese Position noch ergänzt: "Da bezeichnet er die Geschichte als die Lehrmeisterin des Lebens". Das Revolutionäre daran ist für Weiß: "Die Bildung der Kirche speist sich nicht aus sich selbst, sondern auch daraus, was man nicht kontrollieren kann." In diesem Bildungsprozess sei man als System das Risiko eingegangen, verändert hervorzugehen.
Helena Stockinger, Professorin für Katechetik, Religionspädagogik und Pädagogik an der Katholischen Privat-Universität Linz, verwies darauf, dass Papst Franziskus auch von einer "verwundbaren Welt" spricht und von "Resilienz", auch im Zusammenhang mit der Klimakrise. "Die Auseinandersetzung mit Verletzlichkeit und das Aufzeigen davon ist ein wesentlicher Beitrag der Bildung", betonte sie.
Die Theologin und neue Geschäftsführerin des Frauenreferats Kolping Österreich, Magdalena Holztrattner, fragte in diesem Zusammenhang nach einer Veränderung vom Verständnis des Bildungsbegriffs, um Bildung für mehr Menschen ermöglichen zu können. Stockinger wünschte sich wiederum eine "Bildung, die lebensbegleitend ist, eine aufsuchende Erwachsenenbildung in Anlehnung an eine aufsuchende Jugendarbeit". Zudem war es Stockinger wichtig, das Vertrauen in die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu stärken. "Da braucht es eine neue Form der Wissenschaftskommunikation." Das könne etwa durch gemeinsame Forschungsprojekte mit der Bevölkerung, auch mit Kindern, gelingen.
"Offene Fenster und Türen"
"Das Ende hat immer etwas von einem neuen Anfang", so das Resümee von Forum KEB-Bundesgeschäftsführer Bernd Wachter. Es gehe um nicht weniger als um die künftige Welt und "darum, diese Welt mitzugestalten als Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner", fasste er die Gespräche des Symposiums zusammen. Wachter verwies auf das vor 60 Jahren begonnene Zweite Vatikanische Konzil: "Erwachsenenbildung braucht offene Fenster und Türen. Das Zweite Vatikanum war das Ereignis, das das ermöglicht hat, was wir hier tun, nämlich Bildung, Erwachsenenbildung, die in diese Welt hineinwirken." Es brauche eine Erwachsenenbildung, die die Menschen mit ihren Themen und Anliegen im Blick hat, die sich für Menschen einsetzt, und somit gesellschaftliche Veränderungen in die Bahnen leitet. "Eine solche Erwachsenenbildung wird Zukunft haben", so Wachter.
Das Forum KEB wurde am 15. April 1997 aus vier katholischen Dachorganisationen gegründet. Der Zusammenschluss von 71 kirchlichen Bildungseinrichtungen in ganz Österreich hat heute etwa 700 hauptamtliche und 11.000 ehrenamtliche Mitarbeitende. (Infos: www.forumkeb.at)
Quelle: kathpress