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Rudolf Prokschi
kathbild.at / Rupprecht

ÖRKÖ-Vorsitzender Prokschi wünscht sich mehr Mut in der Ökumene

Scheidender Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich zieht im Kathpress-Interview Bilanz über seine dreijährige Amtszeit - Noch deutlicher den unaufgebbaren Grundbestand des christlichen Glaubens herausarbeiten und zugleich "auch einmal über den eigenen Schatten springen"

30.12.2022

Mehr Mut von den Kirchen im Blick auf die Ökumene wünscht sich der scheidende Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Domdekan Rudolf Prokschi. Mit 31. Dezember endet seine Amtszeit als Vorsitzender. Im Kathpress-Interview zog er eine Bilanz der vergangenen drei Jahre an der Spitze des ÖRKÖ. Inzwischen sei in der Ökumene in Österreich manches selbstverständlich, was vor Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Man wisse inzwischen sehr gut, was etwa bei ökumenischen Gottesdiensten miteinander möglich sei, "wo sich manche noch schwertun oder was auch gar nicht geht".

 

Prokschi rief dazu auf, noch deutlicher herauszuarbeiten, "was der unaufgebbare Grundbestand unseres christlichen Glaubens ist", und was andererseits nur "liebgewordene kirchliche Traditionen" seien. Und somit wären alle Kirchen gut beraten, "auch einmal über ihren eigenen Schatten zu springen".

 

Die Annäherung der Kirchen sei auch deshalb so mühsam, weil man in den vergangenen Jahrhunderten vor allem um Abgrenzung bemüht war und das Trennende hervorgestrichen habe; "um die eigene Identität zu stärken". Der ÖRKÖ-Vorsitzende zeigte sich aber überzeugt, dass die Kirchen es sich nicht mehr lange leisten könnten, "diese Unterschiede zu pflegen", anstatt noch stärker an den Gemeinsamkeiten zu arbeiten.

 

Vor allem im Vorstand des ÖRKÖ seien das Vertrauen und die gegenseitige Wertschätzung gewachsen, bilanzierte Prokschi. Inzwischen seien 17 Kirchen Mitglied im ÖRKÖ, mit einer erheblichen Bandbreite, "da ist es nicht immer leicht, alles unter einen Hut zu bringen". Aber es sei möglich, befand der scheidende Vorsitzende.

 

In vielen gesellschaftspolitischen Fragen habe man mit einer Stimme sprechen können und die Position des ÖRKÖ auch in Stellungnahmen öffentlich kundgetan. Schwieriger sei das Finden einer gemeinsamen Position bei ethischen Fragen. Hier gebe es, etwa im Blick auf den assistierten Suizid, keine einheitliche Position der Kirchen. Das dürfe aber eigentlich nicht dazu führen, dass man solche Themen in der Ökumene nicht mehr in den Blick nimmt, warnte Prokschi. Ganz im Gegenteil könnte er sich etwa vorstellen, dass der ÖRKÖ Symposien veranstaltet, in denen strittige Fragen offen und im gegenseitigen Respekt diskutiert werden. Womöglich gebe es ja doch bislang nicht erkannte Schnittmengen. Die Glaubwürdigkeit der Kirchen wären in einer pluralen Welt jedenfalls größer, wenn die Kirchen mit einer Stimme sprechen, zeige sich der scheidende ÖRKÖ-Vorsitzende überzeugt.

 

Auf das Ökumenische Sozialwort aus dem Jahr 2003 angesprochen, hob Prokschi zum einen die Bedeutung dieses Dokuments hervor. Vieles davon habe heute genauso wie vor 20 Jahren Gültigkeit. Manche Entwicklungen und Herausforderungen seien freilich auch vor 200 Jahren noch nicht so bedacht worden, wie etwa die Klimakrise. Hier müssten die Kirchen neue Visionen entwickeln, so Prokschi.

 

Sorgen bereiten dem Ökumene-Experten die Entwicklungen in der Orthodoxie. Die innerorthodoxen Konflikte und Spannungen, die mit dem Ukrainekrieg nochmals deutlicher wurden, aber auch schon davor sichtbar waren, seien für die Ökumene ein großer Hemmschuh, befand Prokschi. Auf Weltebene sei der Dialog mit "der" Orthodoxie derzeit nicht möglich. Auf Landesebene versuche man freilich, den Kontakt mit allen orthodoxen Kirchen, die vor Ort präsent sind, zu halten, so Prokschi.

 

Kein Verständnis zeigte der ÖRKÖ-Vorsitzende dafür, dass es immer noch keinen gemeinsamen Ostertermin aller Kirchen gibt. "Wenn wir es nicht einmal schaffen, das höchste Fest des Christentums gemeinsam zu feiern, dann ist das ehrlich gesagt ziemlich traurig." Und er wünschte sich auch Fortschritte im Blick auf konfessionsverschiedenen Ehepaare. Diese seien durch das Sakrament der Ehe verbunden, könnten zugleich aber nicht gemeinsam Eucharistie feiern.

 

Angesprochen auf die Beziehungen zum Judentum bilanzierte Prokschi für Österreich, dass das Bewusstsein in den Kirchen stetig wachse, wie sehr man mit dem Judentum verbunden sei. Freilich bleibe das Verhältnis ein sensibles. Vonseiten des ÖRKÖ gebe es jedenfalls den Wunsch, die Beziehungen zu den jüdischen Vertretern zu intensivieren. Eine wichtige und verdienstvolle Rolle als Brückenbauer spiele der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, lobte Prokschi.

 

17 Mitgliedskirchen

 

Neuer ÖRKÖ-Vorsitzender ist ab 1. Jänner der Wiener armenisch-apostolische Bischof Tiran Petrosyan. Dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) gehören 17 Kirchen an: die Altkatholische Kirche, Anglikanische Kirche, Armenisch-apostolische Kirche, Bulgarisch-Orthodoxe Kirche, Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche H.B., Evangelisch-methodistische Kirche, Griechisch-Orthodoxe Kirche, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Rumänisch-Orthodoxe Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Serbisch-Orthodoxe Kirche und Syrisch-Orthodoxe Kirche. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche, der Bund der Baptistengemeinden und die Neuapostolische Kirche sind "Mitglieder mit beratender Stimme". Weitere Institutionen bzw. Organisationen besitzen Beobachterstatus.

 

(Infos: www.oekumene.at)

 

 

Quelle: kathpress

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