
Katastrophenhelfer: Internationale Hilfe kommt nicht in Aleppo an
Die internationale Hilfe für die schwer vom Erdbeben getroffene Stadt Aleppo lässt weiter auf sich warten: Das hat Wolfgang Wedan, Katastrophenhelfer von "Jugend Eine Welt", am Freitag im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress geschildert. Wedan verbrachte die vergangenen drei Wochen in Syrien, um die Hilfsmaßnahmen seiner Organisation vor Ort zu begleiten. Die Lage sei außerordentlich prekär und die Bewohner der vom Krieg und von der Naturkatastrophe zerstörten Stadt verzweifelt, da für sie jegliche Überlebens- und Zukunftsperspektive fehle, sagte der gerade erst nach Österreich zurückgekehrte Experte.
"Ich habe in meinen drei Wochen keinen einzigen Hilfskonvoi gesehen", berichtete Wedan. Wohl warteten Berichten zufolge in der nahen Türkei viele Hilfs-Lkws, diese drohten nach einem Grenzübertritt jedoch sofort geplündert zu werden, da die Not so groß sei. Andere Hilfen aus Europa seien in Damaskus am Flughafen konfisziert worden und die Auslieferung verzögere sich. Auch die gerade erst angelaufene Luftbrücke nach Aleppo sei wieder geschlossen, nachdem Israel in der Nacht auf Dienstag einen Luftangriff auf den Flughafen der Stadt gestartet und den Flugverkehr damit lahmgelegt habe. Überhaupt keine Hilfe gebe es derzeit im Ostteil Aleppos, der früher lange Zeit nicht unter Regierungskontrolle war.
Dabei sei der Bedarf an Hilfsgütern wie auch am Grundlegendsten in der zerstörten Millionenmetropole enorm: Für Treibstoff und Gas muss man laut Wedan astronomische Preise bezahlen, Strom gibt es nur wenige Stunden täglich, Medikamente sind kaum erhältlich und die Spitäler großteils nicht in Betrieb. Selbst Lebensmittel sind in den vier Wochen seit dem Erdbeben bis zu zehnmal teurer geworden und damit für viele unleistbar. Mangels Alternativen wird in Aleppo kontaminiertes Wasser getrunken, was in der Stadt bisher zu bereits 600 bestätigten Cholera-Fällen geführt hat. "Es ist schon abzusehen, dass Seuchen die nächste Katastrophe sein werden", warnte der Experte für Wasserwirtschaft.
Lob und Anerkennung zollte Wedan für die Leistungen von Aleppos Kirchen für die Menschen, die durch das Erdbeben obdachlos geworden sind. Die Franziskaner, die Don Bosco Schwestern wie auch die Salesianer Don Boscos hätten in ihren Einrichtungen jeweils zwischen mehreren hundert bis über tausend Personen ungeachtet ihres Glaubens aufgenommen. "In allen Räumen werden nachts Matratzen dicht aneinander ausgelegt, jeder Quadratmeter wird genützt", sagte Wedan. Freiwillige aus Aleppo unterstützen die Ordensleute bei der Organisation und Versorgung, während Spenden aus Europa die Beschaffung von Nahrungsmitteln, Decken und Medikamenten vor Ort ermöglichen. Doch auch hier würden die Hilfsgüter angesichts der großen Nachfrage knapp.
Die Naturkatastrophe vom 5. Februar - der dann noch insgesamt 9.000 Nachbeben folgten - habe die Stadtbevölkerung schwer traumatisiert und ihnen jede Perspektive genommen, berichtete der Katastrophenexperte von "Jugend Eine Welt". Die Häuser der Altstadt, in der auch die christliche Minderheit wohnte, seien irreparabel und könnten in Zukunft nur noch geschleift werden. Wedan: "Schon vorher war die Lage in der Stadt aufgrund des langen Krieges verzweifelt. Jetzt durch das Beben wurden die Menschen mit dem Verlust ihrer Wohnungen auch noch um die letzte noch verbleibende Hoffnung gebracht."
(Spendenkonto "Jugend Eine Welt": IBAN AT66 3600 0000 0002 4000, Kennwort: NOTHILFE ERDBEBEN oder online unter www.jugendeinewelt.at/spenden)
Quelle: kathpress