
Salzburg: Kirchen solidarisch mit Karabach-Armeniern
Im Zeichen der Solidarität mit den Karabach-Armeniern, die im vergangenen Herbst von Aserbaidschan aus ihrer Heimat vertrieben wurden, stand am Dienstagabend in Salzburg der diesjährige Ökumenische Empfang. Zu der Veranstaltung hatte die Salzburger Pro-Oriente-Sektion gemeinsam mit Erzbischof Franz Lackner geladen. Lackner hatte zuletzt immer wieder die gewaltsame Vertreibung der bis zu 110.000 ethnischen Armenier aus Berg-Karabach (Artsach) kritisiert, zur internationalen Hilfe für sie aufgerufen, vor der Auslöschung des christlichen Erbes von Artsach gewarnt und zugleich einen gerechten Frieden in der Region - zwischen Armenien und Aserbaidschan - eingemahnt.
Für seine wiederholten Worte im Sinne des Friedens sei er auch kritisiert worden, hielt Lackner in seinem Grußwort am Dienstag in Salzburg fest. Dem hielt er aber entgegen: "Einen Krieg im Hier und Jetzt zu beginnen, Menschen zu vertreiben, bewusst ihr Erbe zu zerstören, ist Unrecht und bleibt es."
Lackner mahnte weiters, die christlichen Gemeinschaften seien in einer Welt, in der die "Weltuntergangsuhr" auf 90 Sekunden vor Mitternacht stehe, zur Wahrnehmung gemeinsamer Verantwortung und zu einem Miteinander im Bewusstsein der Ergänzungsbedürftigkeit verpflichtet. Auf diese Weise würden sie "erfüllen, worum Jesus einst betete: 'Bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir'", so der Erzbischof.
Der Vorsitzende der Salzburger Pro Oriente-Sektion und Dekan der Theologischen Fakultät, Dietmar Winkler, konnte zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen in Salzburg zum Empfang begrüßen. Er hob in seinem Grußwort kritisch hervor, dass der Konflikt um Berg-Karabach bzw. das Schicksal der Geflüchteten aus der öffentlichen Wahrnehmung nahezu verschwunden sei. Dem wolle man nicht zuletzt durch diese Veranstaltung entgegenwirken.
Folgen für das armenische Christentum
Die Salzburger Armenologin Jasmine Dum-Tragut, Leiterin des "Zentrum zur Erforschung des Christlichen Ostens" (ZECO), hielt im Anschluss einen Vortrag zum Thema "Vertreibung aus Karabach - Die Folgen für das armenische Christentum und die Region". Die Armenien-Expertin betonte, das Vorgehen Aserbaidschans sei ein "krimineller Akt". Dum-Tragut wurde im September 2023 unmittelbar Zeugin des Exodus der Armenier aus Artsach und beteiligte sich an der Ersthilfe. "Wir haben den Menschen zugehört, mit ihnen gelacht, geweint."
Die Salzburger Wissenschaftlerin beklagte auch die Untätigkeit der UNESCO während der schon lange andauernden Gefährdung armenischen Kulturguts auf von Aserbaidschan kontrolliertem Gebiet. Aktuell sei das Schicksal von mehr als 4.000 nun ungeschützten Kulturdenkmälern, darunter etwa 300 Kirchen und Klöster, völlig ungewiss. Dum-Tragut überbrachte auch eine Grußbotschaft und Dankesworte des nun im armenischen Etschmiadzin residierenden armenisch-apostolischen Primas von Artsach, Vrtanes Abrahamyan, an Erzbischof Lackner.
Am 19. September 2023 hatte Aserbaidschan die armenische Enklave Berg-Karabach (die völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört) mit überlegenen militärischen Mitteln angegriffen. Schon nach einem Tag war der Krieg entschieden. Gut 300 armenische Soldaten waren dabei ums Leben gekommen, auch zivile Opfer waren zu beklagen. Dem Angriff vorausgegangen war eine rund neun Monate dauernde Totalblockade Berg-Karabachs durch Aserbaidschan. Mehr als 110.000 Armenier mussten schließlich im September 2023 über Nacht ihre Heimat verlassen.
Quelle: kathpress