
Bischof Scheuer: "Die Osternacht hat eine existenzielle Kraft"
Die liturgische Feier der Osternacht ist für den Linzer Bischof Manfred Scheuer der absolute Höhepunkt der Kartage und der Osterzeit. Im Interview mit der Linzer Kirchenzeitung sagt er: "Die Osternacht hat eine existenzielle Kraft. Sie ist eine Gewissheitserfahrung des Glaubens, lotet unsere ganze Existenz aus, ist mehr als moralischer Appell oder bloßes Gedankenspiel, sondern steht leiblich, sinnhaft und freudig für die christliche Auferstehungshoffnung."
Der Glaube sei zum einen Geschenk Gottes, doch ohne Zutun des Menschen geht es auch nicht, erläuterte der Bischof: "Ich kann mir den Glauben nicht erarbeiten, insofern ist er Gnade." Doch man müsse genauer hinsehen: "Sagt jemand, er wünsche sich, glauben zu können, dann ist das eigentlich schon eine starke Form des Glaubens! Denn Glaube und Sicherheit würden oft nicht zusammen gehen, das zeigten schon die biblischen Glaubensgestalten.
Die Vorstellung, dass jemand, der glaubt, keine Probleme hat, finde schon bei Jesus keine Grundlage: "Sein Vertrauen zu Gott, dem Vater, führt ihn zunächst einmal ans Kreuz und in die Verlassenheit." Fazit des Bischofs: "Glauben zu können, ist ein Geschenk, aber dabei ist meine eigene Freiheit stark involviert." Der Bischof verdeutlichte es mit einem Beispiel: "Ein Kranker mag beispielsweise Hilfe benötigen, um gesund zu werden. Aber sein Wille, gesund zu werden, ist eine Voraussetzung, ohne die es nicht geht. Ähnlich ist es mit dem Glauben: Ich muss dafür offen sein."
Die biblische Zusage, dass das Leben stärker ist als der Tod, lasse sich auch heute immer wieder erfahren, so Bischof Scheuer. Er verwies im Interview etwa auf den jüdischen Religionsphilosoph Schalom Ben-Chorin, der 1942 schrieb: "Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?" Gerade zu Ostern könne er das Aufblühen der Natur als Fingerzeig erfahren, "dass Leben und Lieben Bestand haben", so Bischof Scheuer. Auch Freundschaften, Gemeinschaften und Beziehungen seien solche Fingerzeige. "Sie öffnen eine andere Dimension des Lebens. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Gott kann mit den Toten - auch mit dem Toten in mir - Neues anfangen."
Quelle: kathpress