
Weihbischof Freitag: "Es wird keine Zeit mehr vor Franziskus geben"
Der neue steirische Weihbischof Johannes Freitag zeigt sich überzeugt, dass es in der Katholischen Kirche "keine Zeit mehr vor Franziskus geben wird". Die Linie von Papst Franziskus werde wohl fortgeführt, so Freitag im Interview mit der "Presse" (Donnerstag, online). Franziskus habe mit seinem "Maßstab der Liebe" Akzente gesetzt. Er habe auch viele Kardinäle in das Kardinalskollegium geholt und den Blick auf sehr arme Länder dieser Welt, auf andere Kontinente geweitet. "Das wird sich bei der Neuwahl des Nachfolgers bemerkbar machen", so der Weihbischof.
Freitag ist einer der letzten Bischöfe, die Franziskus vor seinem Tod ernannt hat. Zur Frage, ob er sich deshalb dem Erbe des Papstes besonders verpflichtet fühle, meinte er: "Ganz wichtig ist, dass wir uns als Kirche und dass ich mich als Bischof als Teil dieser sehr pluralen Welt verstehe. Das frühere Gegenüber 'die Welt da und dort wir' hat Franziskus völlig aufgelöst. Er war mittendrin." Ihn hätten Begegnungen zu Tränen gerührt, "wenn er sich einem ganz entstellten Menschen zugewendet hat. Er hat immer auch die Probleme, die Gefahren der Menschheit benannt. Er hat immer wieder betont, Krieg kann nur durch Gespräche, durch Verhandlungen gelöst werden, nicht durch Waffen."
Und Freitag zeigte sich überzeugt: "Wenn in vielen kleinen Lebenswelten sich Menschen um den Frieden mühen, wird er in der großen Welt auch ein Stück weit mehr Realität." Er sehe Kirche viel stärker als eine Weggemeinschaft, "immer wieder auch mit Mühe, einen Schritt zu finden, bei dem alle mitgehen können". Das habe Franziskus sehr markant vorgelebt.
Weihbischof Freitag ist in der Diözese Graz-Seckau Bischofsvikar für eine synodale Kirche. Zu dieser Aufgabe sagte er: "Eine synodale Kirche ist für mich eine Kirche, die einander auf Augenhöhe begegnet, im Bewusstsein, Gott spricht durch jeden von uns." Elemente einer synodalen Kirche hätten im Land schon große Tradition, "ich denke an die Pfarrgemeinderäte, die seit 40 Jahren tätig sind." Aber: "Da können wir sicher noch viel mehr voranbringen."
Freitag sprach auch die neue Form der runden Tische bei der Weltsynode in Rom mit Papst Franziskus an, die ein "starkes Bild" seien. Es gebe keinen Vorsitz, und wenn man miteinander ins Gespräch kommt, versuche man, "verschiedene Perspektiven, Richtungen, Erfahrungswelten zusammen zu schauen".
Zur Frage, ob solche runden Tische auf Österreich-Ebene wünschenswert wären - dass also Bischöfe, Priester und Laien gemeinsam Themen beraten, ähnlich wie bei der Weltsynode im Vatikan - sagte der Weihbischof: "Wenn die Institutionalisierung nicht das Leben herausnimmt, kann ich mir das sehr gut vorstellen." Wahrscheinlich würden gewisse Selbstverpflichtungen auch hilfreich sein, "wenn man Formen und Foren findet, mit denen man diese synodale Kirche verortet oder auch verbindlicher macht".
Quelle: kathpress