
Muttertag: Organisationen für "Perspektiven statt nur Blumen"
Anlässlich des bevorstehenden Muttertags machen Hilfsorganisationen wie die "aktion leben Österreich" auf wachsende Hürden für Frauen aufmerksam, ihren Kinderwunsch zu verwirklichen. "Immer weniger Frauen bekommen die Anzahl an Kindern, die sie sich wünschen", erklärte Generalsekretärin Martina Kronthaler in einer Aussendung vom Donnerstag. Es brauche, so Kronthaler, "Zuversicht, Verlässlichkeit, Männer, die sich ebenso um die Kinder kümmern wie die Frauen, und viel mehr Wertschätzung für Mütter auf allen Ebenen".
Viele junge Menschen hätten nach wie vor den Wunsch, Eltern zu werden - doch Faktoren wie unsichere Lebensverhältnisse, hohe Wohnkosten, ein fehlender Partner oder Schwierigkeiten mit der Fruchtbarkeit erschwerten diesen Schritt zunehmend. "Wir kennen die komplexen Gründe, warum Menschen ihren Kinderwunsch aufschieben oder nicht umsetzen", so Kronthaler weiter. "Doch entscheidend ist: Wie schaffen wir es, dass wieder mehr Zuversicht einkehrt und Eltern sich unterstützt und gesehen fühlen?"
"aktion leben" berät seit Jahrzehnten schwangere Frauen in oft schwierigen Lebenssituationen. "Selbst unter prekären Bedingungen gibt es Frauen, die trotz allem zuversichtlich sind und sich auf ihr Kind freuen", berichtete Kronthaler. Dies dürfe jedoch "nicht blind machen für notwendige Hilfen". Eltern bräuchten eine gesicherte Existenz, verlässliche Kinderbetreuung, Zeit für ihre Familie und Perspektiven für ihre Erwerbsarbeit.
In der neuen Broschüre "Freude am Leben mit Kindern" lässt "aktion leben" Mütter und Väter selbst zu Wort kommen. Beraterin Johanna Jagoditsch betont darin: "Kinder schaffen Zugehörigkeit und Bindung." Ihr Wunsch zum Muttertag sei, dass alle Frauen Zugang zur kostenlosen Beratung erhalten, "wenn sie sie brauchen". Die Broschüre ist online unter www.aktionleben.at erhältlich.
Politrhetorik und Familienalltag zweierlei
Auch der Katholische Familienverband Österreich meldete sich mit Blick auf den Muttertag zu Wort: Vizepräsidentin Britta Brehm-Cernelic kritisierte eine Kluft zwischen familienfreundlicher Rhetorik in der Politik und dem tatsächlichen Alltag von Müttern und Familien. "Zwischen der vielbeschworenen 'Familie' in Sonntagsreden und der Realität vieler Eltern klafft oft eine unüberbrückbare Lücke", so Brehm-Cernelic im Gespräch mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (Ausgabe 8. Mai).
Die selbst vierfache Mutter beklagte das "zerrissene Image" der Mutterschaft: "Einerseits ist sie 'die wichtigste Aufgabe im Leben', andererseits gibt es keine echte gesellschaftliche Anerkennung." Die widersprüchlichen Anforderungen, von der perfekten Vereinbarkeit bis zur ständigen Präsenz in sozialen Medien, verunsicherten viele Frauen, so Brehm-Cernelic. Dabei gehe es längst nicht mehr um ein veraltetes Rollenbild, sondern um realistische Rahmenbedingungen: "Mütter brauchen Zeit, Raum und Stabilität - und auch Väter, die Verantwortung übernehmen."
Mit Blick auf die geplanten Schließungen mehrerer Geburtenstationen in Niederösterreich äußerte sich Brehm-Cernelic kritisch: "Während man im Pflegebereich aufrüstet, fehlen Angebote für junge Familien. Es ist verständlich, dass demografische Veränderungen Anpassungen erfordern - aber was signalisiert das jungen Frauen mit Kinderwunsch?" Ihre Forderung: "Junge Familien brauchen eine starke Stimme im politischen Prozess."
Zur Elternschaft ermutigen
Besonders kritisch sieht sie die gesellschaftliche Wahrnehmung kinderreicher Familien: "Österreich ist prinzipiell ein kinderfreundliches, aber nicht unbedingt ein kinderreichenfreundliches Land", befand Brehm-Cernelic. "Wer mehr als zwei Kinder hat, wird oft als unvernünftig oder asozial abgestempelt - dabei braucht unsere Gesellschaft Menschen, die empathisch, gebildet und zukunftsorientiert sind." Dass ausgerechnet der Kinderwunsch unter Klimaschutzargumenten in Frage gestellt wird, hielt sie für widersprüchlich: "Keiner sitzt barfuß auf einem Baum und kaut Karotten. Gerade kinderreiche Familien leben oft aus finanziellen Gründen besonders ressourcenschonend."
Den vielzitierten demografischen Wandel nannte Brehm-Cernelic beim Namen: "Wir stecken im demografischen Herbst - und wenn wir nicht umsteuern, wird daraus ein Winter." Wichtig wären für Familien mehr als steuerliche Anreize: "Was fehlt, ist die Vision, dass Familie ein wertvolles und erstrebenswertes Zukunftsmodell ist. Eltern brauchen mehr Mutmacher - nicht nur Mahner."
Mutterschaft neu bewerten
Einen radikalen Umbruch bei der Bewertung der unentgeltlichen Fürsorgearbeit und der Mutterschaft forderte Elisabeth Zeindlinger, Referentin bei der Katholischen Arbeitnehmer/innenbewegung (KAB) Oberösterreich. Seitens der Entscheidungsträger bestehe großes Interesse, "dass Kinder zur Welt kommen, die Arbeitskräfte werden, ins Pensionssystem einzahlen, unbezahlte Sorgearbeit übernehmen und die eigene Macht stärken" - was die Wertschätzung der Mütterarbeit auf unzureichende Entlohnung und gesellschaftliche Anerkennung reduziere.
Zeindlinger kritisierte, dass die "unhinterfragte Übernahme traditioneller Rollenbilder" weiterhin die Normalität der fürsorgenden Mutter zementiere. Diese Haltung trage dazu bei, dass Mütter für die Versorgung und Erziehung "viel zu schlecht bezahlt" würden. Es sei daher notwendig, "umfassend, radikal neue Bilder, Werte und Strategien für Fürsorgearbeit zu denken", die über den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen hinausgehen. "Another world is possible", appellierte Zeindlinger.
Quelle: kathpress