
Podcast: Hat Konzil von Nizäa Orientierungskraft für heute?
Ist das wegweisende Konzil von Nizäa des Jahres 325 ein bloßes historisches Ereignis vor 1.700 Jahren oder weist es Orientierungskraft für heute auf? Diese Frage steht im Mittelpunkt der aktuellen Folge des Podcasts "Diesseits von Eden" der Theologischen Fakultäten in Österreich und Südtirol, zugrunde liegt ihr ein Gespräch mit der Kölner Kirchenhistorikerin Annemarie Pilarski, der Linzer Pastoraltheologin Klara Antonia Cszisar und dem Linzer Dogmatiker Franz Gruber, aufgenommen am Rande einer Tagung an der Katholischen Privat-Universität Linz zum "Erbe von Nizäa".
Im Rückblick auf das Konzil von Nizäa ist vom dort formulierten ersten gemeinsamen ökumenischen Glaubensbekenntnis die Rede. Die Welt, in der das Konzil stattfand, war aus christlicher Perspektive zweifellos eine Welt im Umbruch, wies eingangs Annemarie Pilarski hin. Mit Konstantin stand erstmals ein römischer Kaiser dem Christentum wohlwollend gegenüber - ein "epochales Ereignis" in einer Zeit, da höchstens zehn Prozent der Bevölkerung Christen waren, wie Pilarski sagte. Damit rückte der davor verfolgte Glaube zunehmend in eine Rolle, in der es zu einem Gegenüber und Kooperationspartner des Staates wurde. Das Konzil, bei dem der Kaiser selbst eine bedeutende Rolle spielte, markierte dabei einen Punkt, an dem diese Entwicklung sichtbar wird.
Das Christentum war zu dieser Zeit noch äußerst vielfältig und theologisch sehr fluide, so die Kirchenhistorikerin. Erst allmählich entwickelte sich die Tendenz, die Lehre abzugrenzen und zu vereinheitlichen. In diesem Prozess markiert das Konzil von Nizäa mit seinen dogmatischen Festlegungen eine wichtige Wegmarke.
Ist Gott trinitarisch oder monarchisch?
Dessen unmittelbarer Anlass war laut dem Dogmatiker Franz Gruber der Streit mit Arius, der den Monotheismus wahren wollte und deshalb die monarchische Einheit Gottes bewahrte. Für Arius war Christus der Logos, das Urbild der Schöpfung - aber eben nicht aus dem Wesen Gottes selbst hervorgegangen. Bischof Alexander von Alexandrien widersprach Arius scharf, attackierte und exkommunizierte ihn sogar. In dieser Spannung zwischen Befürwortern eines trinitarisch oder aber monarchisch ausgerichteten Gottesbild griff Konstantin schließlich ein, erinnerte Gruber: Der Kaiser wollte keine Kirche im Dauerstreit, rief die Kontrahenten in seine Sommerresidenz und forderte sie auf, eine Lösung zu finden. Das Ergebnis war das sogenannte Symbolum von Nizäa - ein Glaubensbekenntnis, das noch keine ausgefeilte Dogmatik darstellte, aber bereits zentrale Begrifflichkeiten formulierte, die in den späteren Auseinandersetzungen weiter diskutiert wurden.
Angesichts der Studie "Was glaubt Österreich?", wonach nur rund 20 Prozent der österreichischen Bevölkerung überhaupt nur noch ein personales Gottesbild haben, verwies die Pastoraltheologin Klara Antonia Csiszar auf die auch heutige konflikthafte, plurale Welt. Die Kirche könnte hier eine "antizyklische Kraft" sein - ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, miteinander reden und zu Entscheidungen finden. Papst Franziskus habe verschiedene Deutungen auch innerhalb der Kirche in Bezug auf Lehrinhalte oder auf das Verhältnis zur säkularen Welt gesehen. Es geht darum, Unterschiede zuzulassen und dennoch im Gespräch zu bleiben, so Csiszar: "Einheit ist nicht gleich Uniformität - das sehen wir auch nach Nizäa. Vielleicht bricht die Einheit gerade dann auseinander, wenn man keine Vielfalt zulässt."
Weitere Überlegungen in der aktuellen Folge des Podcasts "Diesseits von Eden" der Theologischen Fakultäten in Österreich (https://diesseits.theopodcast.at/1700-jahre-konzil-von-nizaea-oekumene-pastoral-theologie).
Quelle: kathpress