
Caritas und Ärzte ohne Grenzen: Gaza vor gefährlichem Kipppunkt
Die Caritas und Ärzte ohne Grenzen (MSF) haben davor gewarnt, dass die humanitäre Lage in Gaza "kurz vor dem Kipppunkt" stehe. Wie die beiden österreichischen Hilfsorganisationen in einer gemeinsamen Aussendung am Donnerstag erklärten, würden die eintreffenden Hilfstransporte nicht ausreichen und die Zahl der Todesfälle durch Hunger und schwere Mangelernährung täglich steigen. Zudem sei humanitäre Hilfe über Luftbrücken "gefährlich und nicht treffsicher". Ohne sofortigen Waffenstillstand und umfassende Hilfe über den Landweg, drohe aus dem Massenhunger ein Massensterben zu werden.
"Gaza steht am Rand des völligen Zusammenbruchs. Die Menschen brauchen jetzt Zugang zu Nahrung, Wasser, medizinischer Hilfe - nicht morgen, nicht irgendwann, sondern sofort", sagte Alexander Bodmann, Vizepräsident der Caritas Österreich, und forderte: "Die österreichische Bundesregierung muss sich öffentlich und unmissverständlich für einen sofortigen Waffenstillstand und ungehinderten humanitären Zugang einsetzen. Dazu zählt auch der Zugang zu Treibstoff, der für Klinikbetrieb, Wasseraufbereitung und Transporte unerlässlich ist." Weiters hielt Bodmann fest: "Auch die noch immer in Geiselhaft befindlichen Menschen müssen endlich freigelassen werden. Jeder Tag des Zögerns kostet Leben - auf allen Seiten. Österreichs Stimme zählt - in der EU ebenso wie im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen."
Die andauernden Angriffe haben gravierende Auswirkungen auf Hilfsorganisationen. So mussten Partner von Caritas Jerusalem ihre Klinik in Deir Al-Balah evakuieren, die im letzten Jahr ein zentraler Versorgungspunkt für den Süden Gazas war. Mit der Schließung haben tausende Menschen den Zugang zu medizinischer Versorgung verloren - während der Bedarf steigt. Zudem befinden sich zwei Hauptlager und elf Verteilstellen der amerikanischen Caritas in Evakuierungszonen - dennoch versuchen die Teams, weiterhin über verbliebene Büros, Gästehäuser und Verteilungspunkte Hilfe zu leisten. Mitarbeitende vor Ort berichten, dass sich die Notaufnahmen mit Menschen füllen, die vor körperlicher Erschöpfung zusammenbrechen. Hunderte Kinder und Erwachsene haben die Grenzen ihrer körperlichen Belastbarkeit überschritten und sind in akuter Lebensgefahr.
Laut Ärzte ohne Grenzen sind bereits 25 Prozent der Kinder im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren sowie 25 Prozent der schwangeren und stillenden Frauen im Gazastreifen mangelernährt. Die Zahl der Menschen, die MSF wegen Mangelernährung in der Klinik in Gaza-Stadt behandelt, habe sich seit Mitte Mai vervierfacht. "Unsere Teams in Gaza sind verzweifelt. Es wird immer schwieriger zu helfen - medizinische Einrichtungen sind nicht oder nur mehr teilweise funktionsfähig, es fehlt an Medikamenten und medizinischem Material und wir können unsere Patient:innen nur mehr unzureichend mit Essen versorgen", so Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich.
Fazit der beiden Hilfsorganisationen: Nur ein dauerhafter Waffenstillstand und großangelegte humanitäre Hilfe für die gesamte Bevölkerung könnten noch verhindern, dass eine Massenhungersnot ausbricht und die Zahl der Menschen, die an den Folgen des Krieges sterben, sprunghaft ansteigt.
Quelle: kathpress