
Glettler zum Weltalzheimertag: Gott ist auch bei Demenz nahe
Zur mehr gesellschaftlicher und kirchlicher Achtsamkeit im Umgang mit Demenzerkrankungen hat Bischof Hermann Glettler aufgerufen. In einer Stellungnahme anlässlich des Weltalzheimertages am 21. September erinnerte Glettler daran, dass die betroffenen Menschen auch bei fortschreitender Krankheit Träger von Würde, Beziehung und geistlicher Tiefe bleiben: "Auch wenn Erinnerungen verblassen, bleibt die Liebe spürbar. Auch wenn Worte fehlen, bleibt die Seele berührbar." Man könne darauf vertrauen, "dass Gottes Nähe auch dort wirkt, wo das Gedächtnis versagt".
Bischof Glettler, der in der Österreichischen Bischofskonferenz auch Referatsbischof für Lebensschutz und Familie ist, betonte die enorme seelische Belastung, die die Diagnose nicht nur für Erkrankte, sondern vor allem auch für deren Angehörige bedeutet: "Sie fordert Geduld, Mitgefühl und oft auch Kraft weit über die eigenen Grenzen hinaus." Der Bischof dankte all jenen, die in Pflege, Medizin, Forschung oder familiärer Betreuung tagtäglich mit Menschen mit Demenz arbeiten: "Ihr Dienst ist ein kraftvolles Zeichen gelebter Nächstenliebe." Wichtig sei, Betroffene nicht nur zu betreuen, sondern sie "wirklich zu sehen und anzunehmen".
Glettler erinnerte daran, dass Demenz zwar das Gedächtnis angreife, aber nicht das Menschsein: "Was Demenz nimmt - Erinnerungen, Orientierung, Selbstständigkeit - kann nie die Würde des Menschen auslöschen. Als Kirche glauben wir fest daran, dass jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist und bleibt." Menschen mit Demenz würden nicht durch ihre Krankheit definiert. "Sie bleiben Teil unserer Gemeinschaft - mit ihren Gefühlen, ihrer Würde und ihrem inneren Reichtum. Die Fähigkeit, Freude, Angst und Zuneigung zu empfinden, bleibt oft für immer erhalten", so der Bischof.
An die gesamte Gesellschaft gerichtet, rief Glettler zu einem persönlichen Zeichen der Solidarität auf: "Ich lade Sie ein, heute innezuhalten - für ein Gebet, ein Gespräch, ein Zeichen der Verbundenheit mit den Betroffenen und ihren Angehörigen. Sie sollen spüren: Wir sehen euch, wir stehen euch bei." Angesichts des gegenwärtig starken Fokus auf Leistung und Autonomie müsse immer wieder betont werden, "dass Menschlichkeit dort beginnt, wo wir einander nicht vergessen".
Auch die Kirche selbst sei gefordert, so Glettler weiter: Sie solle "ein Ort sein, an dem Menschen mit Demenz nicht nur aufgenommen, sondern mit offenen Herzen und inklusiven Gottesdiensten einbezogen werden". Dabei gehe es nicht nur um Seelsorgeangebote, sondern um ein ganzheitliches Verständnis von Teilhabe, unabhängig vom kognitiven Zustand eines Menschen.
Weltweit leben laut WHO rund 55 Millionen Menschen mit Demenz, allein in Österreich sind es aktuellen Schätzungen zufolge rund 170.000. Die häufigste Form ist Alzheimer, von der über 100.000 Menschen betroffen sind. In Tirol sprechen die Tirol Kliniken von rund 13.000 Betroffenen. Der Weltalzheimertag macht seit 1994 auf die Situation dieser Menschen und ihrer Angehörigen aufmerksam, heuer unter dem Motto: "Demenz - Mensch sein und bleiben."
Quelle: kathpress