
Caritas warnt vor wachsender Armut durch geplante Einschnitte
Deutliche Kritik an den geplanten Einschnitten im Sozialbereich hat Caritas-Generalsekretärin Anna Parr geübt. In einem Interview mit der Wochenend-Ausgabe des "Standard" bezeichnete sie die Reformpläne der Regierung als "höchst alarmierend" und warnte vor einer weiteren Verschärfung der Armut in Österreich. Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) zeigte Verständnis, verwies jedoch auf die schwierige budgetäre Lage und betonte das Bemühen um soziale Ausgleichsmaßnahmen.
"Nach Abzug von Miete und Energiekosten bleiben armutsbetroffenen Menschen durchschnittlich 15 Euro am Tag - jede Kürzung wirkt da existenzbedrohend", erklärte Parr. Die Abschaffung des Klimabonus und das Ausbleiben einer Inflationsanpassung bei der Familienbeihilfe würden für viele der Klientinnen und Klienten der Caritas dramatische Folgen haben.
Parr räumte ein, dass Konsolidierungsmaßnahmen notwendig seien, betonte aber zugleich: "Treffsicheres Sparen wäre möglich." Die aktuelle Budgetpolitik führe aus ihrer Sicht zu einer "Schieflage", von der besonders Menschen in prekären Lebenslagen betroffen seien. Sie berief sich dabei auch auf Berechnungen des Budgetdienstes im Parlament.
Versteckte Kürzungen für Familien
Konkret kritisierte Parr, dass etwa Menschen mit Behinderung künftig deutlich weniger Unterstützung für Fahrkosten zum Arbeitsplatz erhalten sollen. Auch die geplante Anrechnung der Familienbeihilfe auf die Sozialhilfe sei eine versteckte Kürzung, die direkt in die Kinderarmut führe. Bereits jetzt lebten laut Statistik Austria rund 336.000 Menschen in Österreich in absoluter Armut - um 130.000 mehr als noch vor zwei Jahren.
Schumann räumte die Härte vieler von ihrem Ministerium zu treffenden Maßnahmen ein: "Alles, was wir tun, trifft direkt Menschen." Dennoch verteidigte sie die Linie der Regierung mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage, die von der Vorgängerregierung geerbt worden sei. "Wir versuchen, die Härten abzufedern", so Schumann. Als Beispiele nannte sie unter anderem den Erhalt des Wohnschirms, Verbesserungen bei der Deckelung von Arzneikosten sowie Investitionen in ein zweites verpflichtendes Jahr und kostenloses Essen in Kindergärten.
Sozialhilfe und Integration
Hinsichtlich der Reform der Sozialhilfe zeigte sich Schumann gesprächsbereit, warnte jedoch vor öffentlichen Vorfestlegungen in komplexen Verhandlungen. Die Ministerin betonte: "Grundbedingung muss sein, dass die Sozialhilfe existenzsichernd bleibt."
Parr wiederum zeigte sich offen für eine bundeseinheitliche Sozialhilfe, jedoch nur unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede, etwa bei Wohnkosten. Gleichzeitig kritisierte sie die Idee, Asylberechtigten während einer "Integrationsphase" die volle Sozialhilfe zu verweigern. Das sei "rechtlich bedenklich und sozial gefährlich", außerdem gelte: "Kürzungen bringen niemanden in Arbeit", so Parr. Stattdessen würden sie die Verschuldung verschärfen und damit die Chancen auf Arbeitsmarktintegration verringern. Sie forderte flächendeckende Sprachkurse und Integrationsmaßnahmen, um die Beschäftigungsfähigkeit nachhaltig zu verbessern.
Weiters warnte die Caritas-Generalsekretärin auch vor einer stigmatisierenden Debatte rund um Sozialhilfebezieher: Einzelbeispiele von hohen Transferleistungen dürften nicht genutzt werden, um alle Betroffenen zu diskreditieren. "Niemand will gerne in der Sozialhilfe bleiben. Tatsache ist, dass das Leistungsniveau derzeit ohnehin unter der Armutsgefährdungsschwelle und auch unter der Ausgleichszulage, der Mindestpension, liegt", so Parr.
Quelle: kathpress