
"Tag der Menschenrechte": Kirche warnt vor NGO-Bashing
Anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte weisen sowohl kirchliche Vertreter als auch entwicklungspolitische Organisationen auf Defizite beim staatlichen Schutz grundlegender Rechte hin. Vor einer politischen Stimmung, die zivilgesellschaftliches Engagement diskreditiere - konkret "ein Bashing von NGOs und eine Verspottung derer, die sich anwaltschaftlich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen" -, warnte der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler. Menschenrechte seien keine Privilegien, sondern würden für alle gelten, betonte der Bischof angesichts globaler Herausforderungen und politischer Verwerfungen, wie die Diözese Innsbruck mitteilte.
Gemeinsam mit der früheren Tiroler Soziallandesrätin und Gleichbehandlungsanwältin Christine Baur spannte Glettler im Rahmen der Veranstaltung "Update Menschenrechte" des Katholischen Bildungswerks bereits am 2. Dezember im Haus der Begegnung in Innsbruck unter der Moderation von Danijela Rai einen Bogen von Gewalt gegen Frauen über Verschärfungen der europäischen Asylpolitik bis hin zu globalen Herausforderungen wie Digitalisierung, Kriegsverbrechen und Klimakrise.
Menschenrechte seien "zeitlos, aber nicht automatisch geschützt", mahnte Baur und plädierte für eine Kultur der Verantwortung und Begegnung. Ihre Wahrung hänge nicht allein von politischen Strukturen ab, sondern vom Engagement von Kirche, Zivilgesellschaft und jedem Einzelnen. Glettler verwies dabei auf die bereits 1997 formulierten "Menschenpflichten", die dazu anhielten, in jedem Menschen ein von Gott geliebtes Wesen zu erkennen. "Menschenrechte sind nicht nur ein Gesetzestext, sie sind eine tägliche Einladung, dafür einzutreten, dass jeder Mensch wertgeschätzt, geschützt und gehört wird", so der Bischof.
Praktisch sichtbar werde Menschenrechtsschutz in Projekten der Kirche für Geflüchtete, Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende oder Kinder. "Kirchliche Initiativen auf allen Kontinenten leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der menschlichen Würde, sei es durch Bildungsarbeit, Begegnungen, interreligiösen Dialog oder konkrete Hilfe im Alltag", so Glettler.
NGOs: Kritik an Doppelstandards
Parallel dazu legten die Organisationen AG Globale Verantwortung, Dreikönigsaktion, FIAN Österreich und Licht für die Welt ihren zivilgesellschaftlichen Bericht für die bevorstehende UN-Prüfung Österreichs zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten (WSK-Rechte) vor. AG-Globale-Verantwortung-Geschäftsführer Lukas Wank kritisierte dabei "Doppelstandards", da Österreich international Menschenrechte betone, zugleich aber ressourcen-, agrar- und handelspolitische Interessen verfolge, die nachhaltige Entwicklung im Globalen Süden behinderten.
Auch bei Kinderrechten fehle es an systematischem Vorgehen, erklärte Veronika Schippani-Stockinger, Bundesvorsitzende der Katholischen Jungschar. Zwar bekenne sich die Regierung zu Menschenrechten, doch es mangele an klaren Zielvorgaben und Prüfmechanismen. FIAN verwies insbesondere auf die globale Ernährungskrise: Die überproportionale österreichische Fleischproduktion und der damit verbundene Import großer Mengen von Soja aus Lateinamerika verschärften Landkonflikte und Ungleichheiten.
Hintergrund ist die 6. Staatenprüfung des zuständigen UN-Fachausschusses zur Umsetzung des UN-Sozialpakts in Österreich; diese findet regulär alle fünf Jahre statt. Der aktuelle Staatenbericht wurde 2024 mit mehrjähriger Verzögerung vorgelegt. Zivilgesellschaftliche Organisationen können im Rahmen dessen sogenannte Parallelberichte verfassen, um Umsetzungsdefizite darzulegen.
Fortsetzung der Innsbrucker Reihe
Die Innsbrucker Gesprächsreihe wird 2026 fortgesetzt: Am 27. Jänner diskutieren Shoura Zehetner-Hashemi (Amnesty) und Univ.-Prof. Wilhelm Guggenberger über historische Verantwortung Europas; am 10. März sprechen Matthias Kettemann und Clara Rauchegger über digitale Grundrechte. Beide Veranstaltungen finden im Haus der Begegnung in Innsbruck statt, der Eintritt ist frei.
Quelle: kathpress