
Caritas rechnet mit deutlich steigender Obdachlosigkeit 2026
Die Caritas warnt vor einem starken Anstieg von Armut und Wohnungslosigkeit im Jahr 2026 und ruft gemeinsam mit dem Kabarettisten und Moderator Dirk Stermann zu Spenden für das Gruft-Winterpaket auf. Caritasdirektor Klaus Schwertner sprach am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Wiener Obdachlosen-Betreuungszentrum "Die Gruft" von einer deutlichen weiteren Zuspitzung der sozialen Lage in Österreich. Nähmen Bund und Länder geplante Einsparungen im Sozialbereich nicht zurück, müsse man "davon ausgehen, dass die eigentliche Herbergssuche erst nach Weihnachten beginnt".
Schon jetzt sei die Situation "kälter - nicht nur in Minusgraden, sondern auch in sozialer Hinsicht", so Schwertner. Rund 21.000 Menschen - 4.000 Personen mehr als 2008 - seien derzeit österreichweit obdach- oder wohnungslos, wobei die "Dunkelziffer" doppelt so hoch sein dürfte; mehrere Hundert davon schlafen in Wien im Freien. Auch Delogierungen würden heute häufiger durchgeführt, und bei bestimmten Gruppen wie etwa subsidiär Schutzberechtigten rechnet Schwertner mit "Tausenden", denen spätestens 2026 die Delogierung drohe. Verschärfend hinzu kämen Kürzungen wie etwa bei der Suchthilfe, von denen Wohnungslose besonders betroffen seien.
Volle Notquartiere
Ein Indiz dafür ist, dass die Notquartiere der Caritas in Wien nahezu ausgelastet sind; bereits Anfang Dezember bei 98 Prozent. Seit Jahresbeginn wurden in der Gruft 19.848 Übernachtungen gezählt und 85.470 warme Mahlzeiten ausgegeben, zuletzt rund 250 täglich. Um der hohen Nachfrage gerecht zu werden, wurden zusätzliche Notquartiersbetten geschaffen, die Streetwork-Teams verstärken ihre Einsätze, und das rund um die Uhr unter 01/480 45 53 erreichbare Kältetelefon hat bereits mehr als 3.100 Hinweise aus der Bevölkerung erhalten. 140 Menschen konnten dadurch in ein Quartier gebracht werden.
Auch 43 pfarrliche Wärmestuben allein in der Erzdiözese Wien öffnen derzeit, um Bedürftigen Wärme, Essen und soziale Unterstützung zu bieten. Für die Fortführung der Winternothilfe trotz Sparmaßnahmen dankte Schwertner in Richtung Stadt und Fonds Soziales Wien. Ein Wermutstropfen bleibe allerdings, dass das warme Mittagessen in den Winternotquartieren gestrichen worden sei.
Sparen nicht bei den Schwächsten
Mit Blick auf die kommenden Monate appellierte Schwertner erneut an die Bundesregierung und die Länder, die geplanten Kürzungen im Sozialbereich zu überdenken und strukturelle Maßnahmen gegen die drohende Zunahme der Obdachlosigkeit zu setzen. "Wir haben Verständnis, dass gespart werden muss, aber bitte nicht für die verletzlichsten Gruppen", so Schwertner. Wer bei Angeboten für "psychisch oder chronisch erkrankte Menschen mit Behinderung, Kindern und obdachlosen Menschen" spare, setze "den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufs Spiel".
Der Caritasdirektor verwies dabei auf die Empfehlungen des Fiskalrats und forderte eine "armutsfeste Reform der Sozialhilfe", ein verlässliches Housing-First-Angebot, Übergangsfristen für subsidiär Schutzberechtigte sowie Nachbesserungen beim Billig-Strom-Gesetz und einen nationalen Aktionsplan für leistbares Wohnen. Im Zuge von "Sozialverträglichkeitsprüfungen" sollten Experten künftig die Auswirkung von Maßnahmen auf vulnerable Gruppen wie Mindestpensionisten, Obdachlose oder kinderreiche Familien und Alleinerziehende prüfen.
Gleichzeitig bittet die Caritas die Bevölkerung dringend um Zeit-, Geld- und Sachspenden. Das Gruft-Winterpaket - bestehend aus einem winterfesten Schlafsack und sieben warmen Mahlzeiten - könne mit 70 Euro finanziert werden. Dies sei ein kleiner Beitrag, der im Winter für Menschen auf der Straße überlebenswichtig sein könne. Dirk Stermann, der ein Streetwork-Team begleitet hatte, betonte, dass Obdachlosigkeit jeden treffen könne. Die von der Caritas geführte Gruft sei "ein Ort, der Menschen in größter Not mit Menschlichkeit und Wärme auffängt".
(Info: Caritas-Spendenkonto: Caritas der Erzdiözese Wien, IBAN: AT47 2011 1890 8900 0000, Kennwort: "Gruft Winterpaket", Online-Spenden: www.gruft.at oder wirhelfen.shop/winterpaket)
Quelle: kathpress