
Linz: Sozialplattform fordert Evaluierung der Sozialhilfe-Novelle
Die Sozialplattform Oberösterreich warnt angesichts der bevorstehenden Beschlussfassung über die Novelle des oberösterreichischen Sozialhilfe-Ausführungsgesetzes (OÖ. SOHAG) vor weitreichenden negativen Folgen. Die geplanten Änderungen gefährden laut dem Netzwerk von 46 Sozialorganisationen - darunter Caritas, Diakonie und die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung - die Existenzsicherung für Armutsbetroffene. "Mit dieser Novelle wird das letzte soziale Netz gefährlich ausgedünnt", warnt Stefan Thurner, Geschäftsführer der Sozialplattform Oberösterreich. Nötig sei eine Evaluierung der Folgewirkungen und -kosten unter Einbeziehung der Sozialorganisationen, ansonsten würde die harte Sanktionslogik jene treffen, "die ohnehin am wenigsten Spielraum haben".
Vermisst werde auch eine sachliche Diskussion über bedarfsorientierte Sozial- und Armutspolitik. Das unterste soziale Netz sollte existenzsichernd wirken und Menschen vor Armut bewahren, kritisiert das Netzwerk. Aktuell dominiere jedoch "die Disziplinierung von Armutsbetroffenen die politische Debatte rund um die Sozialhilfe". Von den Verschärfungen seien vorwiegend Personen mit psychischen Erkrankungen, schlechtem Gesundheitszustand oder multiplen Problemlagen betroffen. Viele Betroffene könnten schon jetzt den strengen Anforderungen der Sozialhilfe nicht gerecht werden, so die Sozialplattform.
"Die Folgekosten einer schlechten Sozialhilfe, die bei Delogierungsprävention, Obdachloseneinrichtungen, Schuldenberatungen, im Gesundheitssystem oder der Kinder- und Jugendhilfe aufschlagen, werden unterschätzt. Es macht uns alle stark, wenn wir anderen aufhelfen und niemandem ein Bein stellen", meint dazu auch Martin Schenk, stv. Direktor der Diakonie Österreich und Mitbegründer der österreichischen Armutskonferenz.
Kritik an Verschärfungen und Sanktionen
"Bei der Gesetzesänderung geht es nicht um Hilfen in sozialer Notlage durch das letzte soziale Netz Sozialhilfe. Im Vordergrund der Novelle stehen vielmehr Verschärfungen beim Anspruch und die Ausweitung von Sanktionen", kritisiert Armutsforscherin Christine Stelzer-Orthofer, die u. a. für die Erstellung der Armutsberichte Oberösterreich verantwortlich war. Die Novelle würde folglich nicht Armut lindern, sondern für Abschreckung und Ausgrenzung sorgen und "daher zur Verschärfung von Armutslagen und Prekarität beitragen".
Für Kritik sorgt u. a. eine in der Novelle vorgesehene Doppelstruktur: So sollen erwerbstätige Sozialhilfe-Beziehende in Teilzeit oder mit geringem Verdienst während des laufenden Dienstverhältnisses zur Arbeitssuche verpflichtet werden. Jedoch müssten trotzdem parallel dazu AMS und Bezirksverwaltungsbehörden Nachweise über Bewerbungsaktivitäten erhalten.
"System der Unsicherheit"
Weiters gebe es schon jetzt deutliche Unterschiede zwischen den Bezirksverwaltungsbehörden im Vollzug. Die Novelle verschärfe dieses Problem laut den Organisationen noch weiter: So seien die dort verwendeten Begriffe wie "zielstrebig verfolgt" oder "Beseitigung von Umständen" rechtlich nicht klar definiert und ermöglichten breite Auslegungsspielräume. In Kombination mit deutlich verschärften Sanktionen sei somit ein "System der Unsicherheit" vorprogrammiert.
Zudem können künftig drei behördlich als solche bewertete Versäumnisse bereits den vollständigen Verlust der Sozialhilfe und teilweise auch der Krankenversicherung bedeuten. "Eine derart harte Sanktionslogik trifft jene, die ohnehin am wenigsten Spielraum haben", so Stefan Thurner von der Sozialplattform OÖ.
Wohnungslosigkeit als drohende Folge
Als besonders alarmierend bezeichnet die Plattform die Auswirkungen von den in der Novelle vorgesehenen scharfen Sanktionen auf die Wohnkosten: Bei vielen Betroffenen fließt ein Großteil der Sozialhilfe in die Sicherung des Wohnraums. "Tiefgreifende Kürzungen erhöhen das Risiko von Mietrückständen und Delogierungen massiv. Die Wohnungslosenhilfe OÖ wird durch diese Novelle vor kaum bewältigbare Herausforderungen gestellt", mahnt Thurner.
Quelle: kathpress