US-Wahl: Radio-Vatikan-Leiter sieht "Niederlage des Journalismus"
Die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten ist nicht nur ein Sieg des Populismus und des "inhaltsfreien Faust-in-den-Himmel-Reckens", sondern zugleich eine "Niederlage des Journalismus". Das schreibt der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von "Radio Vatikan", P. Bernd Hagenkord, in seinem aktuellen Blog zur US-Wahl (http://blog.radiovatikan.de). Das Wahlergebnis habe gezeigt, dass die "USA-Versteher alle Unrecht" hatten, so Hagenkord; und ihn beschleiche der Verdacht und damit auch "ein wenig Zorn, dass die Niederlage des Journalismus, die dieser Wahlsieg auch darstellt, keine Folgen hat".
Das Versagen der Medien bei der Prognose des Wahlergebnisses erinnere ihn nicht zuletzt an einen Kollegen, der im März 2013 beim Konklave - "Sekunden vor dem weißen Rauch" - im Fernsehen erklärt habe, dass er aus verlässlicher Quelle wisse, dass Kardinal Angelo Scola der nächste Papst werden würde. Hagenkords Fazit: "Kein Wunder, dass man uns Medien nicht mehr glaubt. Liebe Kollegen, habt doch bitte die Größe zu sagen, dass ihr falsch gelegen habt, statt jetzt wieder rumzuanalysieren, warum 'die Medien' hier falsch lagen."
Darüber hinaus könne man drei weitere Lehren aus dem Sieg Trumps ziehen, so der katholische Journalist weiter: Zum einen, dass das Instrument der Meinungsumfragen "nichts taugt" - dies habe sich nicht zuletzt bereits beim "Brexit" gezeigt. Weiters, dass der Sieg Trumps nun ein Faktum ist, mit dem man leben und umgehen müsse - auch wenn er es offenbar "mit Verschwörungstheorien und Lügen dorthin geschafft" habe. Gewiss, auch früher hätten Politiker gelogen, aber damals habe eine aufgeflogene Lüge Karrieren beendet, während dies in Zeiten einer "postfaktischen" Politik heute offenbar keine Rolle mehr spiele: "Sich selbst immunisierende Blasen sind von Fakten unerreichbar", so Hagenkord. "Ich will mir gar nicht ausmalen, das das bei Themen wie Erderwärmung bedeuten kann".
Schließlich gelte es von Seiten der Eliten neu Demut zu lernen. Deren Arroganz sei am Sieg Trumps letztlich "nicht ganz unschuldig", so der Redaktionsleiter. "Anders formuliert: wie groß muss die Wut der Menschen sein, wenn man jemanden wie Trump in ein Amt wählt, das mit Atomwaffen zu tun hat und wo das Wahlergebnis reicht, um die Börsen von Mexiko bis Australien in den Tiefflug zu schicken?" Die "Meinungseliten" müssten daher "neu lernen, zu kommunizieren" - und dabei "mit dem Zuhören beginnen".
"domradio"-Chefredakteur: Glauben an Amerika verloren
Dass man angesichts des Wahlergebnisses "am liebsten vom Glauben abfallen" möchte, konstatierte indes der Chefredakteur des Kölner "domradios", Ingo Brüggenjürgen, in einem Kommentar am Mittwoch. Mit Trump sei schließlich ein Kandidat gewählt worden, "der gelogen und betrogen hat, dass sich die Balken biegen", der Frauen beleidigt und verletzt habe und sich über Behinderte lustig gemacht habe. Im Weißen Haus werde künftig ein Präsident "an den Hebeln der Macht sitzen, dem jede politische Erfahrung fehlt".
Erschütternd sei außerdem die Tatsache, dass Trump gerade aus evangelikalen und katholischen Kreisen viel Zuspruch und Unterstützung erfahren habe: "Die Zeiten, als mit J.F. Kennedy ein katholischer Präsident ein Hoffnungsträger für die ganze Welt war, sind lange vorbei", so Brüggenjürgen. So lange daher die Amerikaner auf Trump vertrauen, habe "die Welt den Glauben an Amerika mit diesem neuen Präsidenten erst einmal verloren".
Quelle: kathpress