Humane Sterbebegleitung: Umdenken in Medizin und Pflege nötig
Der Sprachlosigkeit rund um das Thema Sterben und Tod soll eine Tagung des kirchlichen Instituts für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) am Freitag (10. November) in Wien begegnen. "Selbst Ärzte und Pflegende fühlen sich oft unsicher und überfordert, wenn es um Gespräche über das Lebensende geht", wies Geschäftsführerin Susanne Kummer im Hinblick auf das interdisziplinäre Symposium "Dem Sterbenden begegnen. Herausforderungen an Medizin und Pflege" hin. In ihrer Ankündigung verwies sie auf eine deutsche Studie, derzufolge sich nur 19 Prozent der 1.130 befragten Ärzte und Pflegenden als gut vorbereitet auf den Umgang mit Sterbenden einschätzten, unter Ärzten gar nur sechs Prozent.
Diese Überforderung und mögliches Gegensteuern schon in der Ausbildung werden bei der Tagung prominente Referenten wie der deutsche Medizinethiker Martin W. Schnell vom Institut für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen an der Universität Witten/Herdecke, der Gießener Soziologe Reimer Gronemeyer sowie der Wiener Altersforscher Franz Kolland thematisieren.
Leiter der mit mit 300 Fachleuten und Interessierten ausgebuchten IMABE-Tagung im Raiffeisen-Forum ist der Wiener Internist Johannes Bonelli, der betonte: "Es ist Zeit, im medizinischen Hochleistungsbetrieb eine Sprache humaner Sterbebegleitung wiederzugewinnen. Dafür brauchen wir ein Umdenken in Medizin, Pflege und Gesellschaft, um Sterben als Teil des Lebens wiederzugewinnen." Wer Menschen das Sterben erleichtern will, müsse die Grenzen des Lebens anerkennen, unterstrich der Mediziner. Therapeutischer Übereifer und ein "qualitätsgesichertes Sterben", bei dem "alles getan" wurde, verdecken laut Bonelli oft die uneingestandene Ratlosigkeit oder Angst vor der eigenen Endlichkeit.
Laut Medizinethiker Schnell sind Ärzten und Pflegende nicht vorbereitet, auf existentielle Fragen zu antworten, also biete man lieber medizinische Leistungen an. "Man kann sich in den Sterbenden gar nicht hineinversetzen. Das muss man akzeptieren", räumte der Experte ein. "Das heißt aber nicht, dass man ihn nicht gut begleiten kann."
Weitere Themen der Tagung behandeln die oft ausufernde "Sedierungskultur am Lebensende", den nur selten erfüllten Wunsch, zuhause zu sterben, die Leistungen der Hospizbewegung sowie die Rolle der Angehörigen in der Begleitung Sterbender.
Zum Symposium bringt IMABE zwei Tagungsbände "Dem Sterbenden begegnen" heraus, die unter E-Mail postbox@imabe.org bestellt werden können. (Info: www.imabe.org)
Quelle: kathpress