Erzdiözese Wien: Helmut Krätzl seit 40 Jahren Weihbischof
Die Pfarren sollen in die Zukunft schauen, dabei auch neue Wege beschreiten und sich nicht von der "heute oft so miesen Stimmung" beeindrucken lassen. Davon hat sich der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl überzeugt gezeigt. Er umschrieb diese "Stimmung" mit Aussagen wie "Es geht ja alles den Bach hinunter, die Kirchen werden leerer, und die Jugend kommt nicht mehr." Der vor 40 Jahren, am 20. November 1977, von Kardinal Franz König zum Bischof geweihte Krätzl (86) berichtete im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" anlässlich dieses Jubiläums über seine unzähligen Pfarrvisitationen: "Mir kommt es darauf an, die Menschen bei den Besuchen in den Pfarren zunächst einmal aufzumuntern und zu schauen, was alles schon gelungen ist."
Im Hinblick auf die seit Herbst 2016 in 140 "Entwicklungsräume" eingeteilten 660 Pfarren der Erzdiözese Wien bemerkte der seit knapp zehn Jahren emeritierte Weihbischof: "Ich erwarte mir daher bei den Entwicklungsräumen nicht so sehr die strukturellen Veränderungen, sondern eine viel intensivere Zusammenarbeit." Wichtig sei, dass jede Pfarre ihre Identität bewahrt und sich bewusst wird: "Was ist bei uns historisch, aber auch durch die Prägung durch Priester besonders gewachsen?" Und was davon könne im eigenen Entwicklungsraum den anderen mitgeteilt bzw. mit ihnen geteilt werden? Zugleich gelte es, sich auch bescheiden zu fragen: "Was haben andere Pfarren, was wir nicht haben?" Auf diese Weise könne man bestmöglich voneinander lernen, so Krätzls Überzeugung.
Franziskus entfacht Freude an Kirche
Der Bischof hielt fest, dass er gerade bei seinen Besuchen in den Pfarren "immer sehr viel Freude erlebe". Er versuche, die Gemeinden aufzubauen - "und komme selbst aus vielen Pfarren auferbaut zurück". Und mit Papst Franziskus sei die Freude an der Kirche noch mehr entfacht worden. Der Papst aus Argentinien sei neben Johannes XXIII. einer von zwei Päpste, die ihn "besonders froh gemacht" hätten, bekannte Krätzl. Er wolle noch ein paar Jahre leben, um zu sehen, was der Jesuit Franziskus in der Kirche in seiner "sehr mutigen, spirituellen, franziskanischen Weise" verändert - "im Sinne einer armen Kirche für die Armen", wie Krätzl hinzufügte.
Ein besonderes Anliegen sind dem Weihbischof auch junge Christen: Er habe - wie er dem "Sonntag" mitteilte - schätzungsweise etwa 30.000 von ihnen gefirmt. Bewährt habe sich dabei seine Bitte an die Firmkandidaten, ihm vor dem Sakrament Briefe zu schreiben und darin darzulegen, was sie bewegt und in Bezug auf den Glauben beschäftigt. "Das wird fast lückenlos gemacht", so Krätzl. "Ironisch gesagt ist es ja wohl das einzige Mal, dass junge Menschen heutzutage noch einen Brief mit der Hand schreiben." In seinen Firm-Predigten gehe er auf einzelne Passagen aus den Briefen ein und gebe auf diese Weise Antwort. Wenn die jungen Katholiken auf diese Weise merkten, dass sie gehört und ernst genommen werden, habe dies "menschlich und psychologisch eine ungeheure Wirkung", so die Erfahrung Krätzls.
Von Wien nach Rom und wieder retour
Helmut Krätzl wurde am 23. Oktober 1931 in Wien geboren, studierte nach seiner Matura 1949 an der Universität Wien Theologie und wurde am 29. Juni 1954 in Wien von Kardinal Theodor Innitzer zum Priester geweiht. 1956 wurde er Zeremoniär des damals neuernannten Erzbischofs von Wien, Franz König. Während seines Kirchenrecht-Doktoratsstudiums nahm Krätzl am 1962 begonnenen Zweiten Vatikanischen Konzil als "Stenograph" teil.
Zurück in Wien wurde Krätzl 1969 Ordinariatskanzler. Papst Paul VI. ernannte Krätzl am 30. September 1977 zum Weihbischof für die Erzdiözese Wien, geweiht wurde er von Kardinal König gemeinsam mit Florian Kuntner (+1994) am 20. November 1977 im Wiener Stephansdom. Sein Wahlspruch lautet: "In der Kraft Gottes". Von 1981 bis 1985 war Bischof Krätzl Generalvikar, danach nach dem Rücktritt Königs Diözesanadministrator bis zum Amtsantritt des neuen Erzbischofs Hans Hermann Groer. Dieser ernannte Krätzl 1987 zum Bischofsvikar für die Bereiche Erwachsenenbildung und Priesterfortbildung; dies blieb er auch unter Erzbischof Christoph Schönborn bis 2004; bis zu seiner Emeritierung 2008 war Krätzl Bischofsvikar für ökumenischen Fragen.
20 Jahre hindurch war Krätzl in der Österreichischen Bischofskonferenz "Schulbischof", weiters zuständig für Erwachsenenbildung, das Katholische Bibelwerk und das Seminar für Kirchliche Berufe. Das Referat "Ökumene" teilte er sich mit Kardinal Schönborn. Im März 2008 nahm Papst Benedikt XVI. das altersbedingt vorgesehene Rücktrittsgesuch des Weihbischofs an. Bis heute zählt Bischof Krätzl zu den angesehensten Repräsentanten der katholischen Kirche in Österreich und zu den kundigsten Zeitzeugen des Konzils.
Quelle: kathpress