Kirchenstatistik: Theologe Bucher rät Kirche zu "Habituswechsel"
Welche Lehren gilt es kirchlicherseits, aus den zuletzt veröffentlichten Statistik-Daten zu ziehen? Der Grazer Pastoraltheologe Rainer Bucher hegt keinen Zweifel, dass sich aus dem anhaltenden Priestermangel sowie dem Rückgang an Kirchenmitgliedern zumindest "drei weitreichende Befunde" destillieren lassen. Prinzipiell plädierte der Theologe in einem "Stand.Punkt"-Beitrag für das Portal "katholisch.at" für einen "entschlossenen Habituswechsel, weg von Erhabenheit, Selbstverständlichkeitsvermutung und Selbstzentriertheit, hin zu Demut, Aufmerksamkeit und Solidarität".
Zum einen würden die in der vergangenen Woche präsentierten kirchlichen Statistiken einen "grundsätzlichen und offenkundig unumkehrbaren Wandel im Nutzungsmuster von Religion in der österreichischen Gesellschaft" anzeigen: Religion werde von einer selbstverständlich das Leben bestimmenden Größe zu einer nach individuellen Bedürfnislagen verfügbaren Größe. Religion verschwinde daher nicht einfach, sie werde jedoch "relevanzgemindert" und nurmehr zu einer "Option" unter mehreren, so Bucher.
Die Kirche gerate dadurch unter den Druck eines für sie bislang unbekannten, neuen "Zustimmungsvorbehalts" gegenüber den eigenen Mitgliedern: "Damit endet eine über 1.500 Jahre alte Tradition der Kirche als Herrschaftsinstitution mit weitreichenden religiösen und gesellschaftlichen Sanktionsmöglichkeiten." Der Priestermangel indes zwinge die Kirche zunehmend dazu, sich von ihrer bisherigen "priesterzentrierten pastoralen Basisstruktur" zu verabschieden, so der Pastoraltheologe weiter. Das Ringen um neue Formen und Strukturen sei derzeit in vielen Diözesen nicht nur in Österreich erkennbar - gewiss ohne dass sich bereits ein konkretes Ziel dieser Suche abzeichnen würde.
Schließlich brächten die Daten auch den anhaltenden demografischen Wandel im Land zum Ausdruck, mit einschneidenden Folgen u.a. für die künftige Form der Kirchenfinanzierung, konstatiert Bucher: Die im langfristigen Vergleich gesunkene Taufquote, der Zuzug anders konfessioneller Christen oder anders religiöser Menschen sowie der langsame, aber unübersehbare Anstieg des konfessionslosen Bevölkerungsanteils (...) werden sowohl die Finanzierungsgrundlage wie den zivilgesellschaftlichen Dominanzstatus des römisch-katholischen Christentums langfristig erodieren lassen." Diese Entwicklungen seien zwar nicht einfach umkehrbar, aber durch einen "Habituswechsel", den auch Papst Franziskus nahelege, zumindest gelassener und zukunftsoffener zu tragen.
Die statistischen Daten, die die katholische Kirche am 9. Jänner veröffentlicht hat, zeigen eine weitgehend stabile Katholikenzahl in Österreich: Mit Stichtag 31. Dezember 2017 gab es demnach in Österreich 5,11 Millionen Katholiken. 2016 waren es laut amtlicher Statistik der Österreichischen Bischofskonferenz 5,16 Millionen Katholiken. Das entspricht einem Rückgang von 53.510 Personen bzw. knapp einem Prozent. Die Zahl der regelmäßigen sonntäglichen Messbesucher sowie die Zahl der Erstkommunionen und der kirchlichen Trauungen sank laut Statistik leicht. Auch die Zahl der in Österreich wirkenden Priester ging von 3.944 im Jahr 2015 auf 3.920 im Jahr 2017 zurück.
Details zu den Katholikenzahlen für 2017 sowie der detaillierten Kirchenstatistik für 2016 unter: www.katholisch.at/statistik. Weitere Zahlen und Fakten zu den Kirchenfinanzen 2016 unter: http://kirchenfinanzierung.katholisch.at/kirchenfinanzen.
Quelle: Kathpress