Glettler: "Fasten macht widerständiger gegen tödliches Zuviel"
Fasten macht innerlich widerständiger gegen ein tödliches Zuviel." Davon ist der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler überzeugt. In einer "Zuvielisation" tue es gut, bewusst etwas wegzulassen, "sind wir doch von einer unbewältigbaren Fülle von Informationen und News zugemüllt". Fasten heiße wählerisch zu werden, gute Qualitätsfilter einzubauen und befähige so, kritischer und selbstbewusster auszuwählen, erläuterte der Bischof im Interview mit "Kathpress" anlässlich der bevorstehenden Fastenzeit.
Gutes und maßvolles Fasten mache achtsamer und dankbarer für das Leben und ermögliche eine größere Aufmerksamkeit für den Augenblick, den Nächsten und für Gott. Ziel sei die Schaffung eines inneren Freiraums, eines Resonanzraumes als Voraussetzung dafür, "dass Gott uns zu Herzen sprechen kann", so Glettler. Dieser Raum dürfe allerdings nicht zum Umschlagplatz aller möglichen Geister werden, sondern sei mit Gottes heiligem Geist zu füllen. Spirituell wertvolles Fasten befähige so zu einem neuen Hören, Hinhören und Empfangen.
Verzicht verspreche gleichzeitig eine Form der "Daseinserleichterung". Selbstgewählte Reduktion bringe das Gefühl zurück, das eigene Leben gestalten zu können, denn niemand sei nur ohnmächtig dem Konsumwahn ausgeliefert, betonte der Bischof. Fasten werde so zu einem guten Training für ein "Plus an Selbstbestimmung inmitten einer nervösen Betriebsamkeit unserer Zeit". Die Tage vor Ostern seien außerdem ein guter Zeitpunkt, um Verdrängtes und Unaufgearbeitetes anzuschauen, anzunehmen und von Christus versöhnen zu lassen.
Immer auch Solidarität mit Bedürftigen
Verbunden sei Fasten auch immer mit einer gewissen sozialen Dimension - als "Einübung in die Solidarität mit jenen, die sich nicht täglich an einen gedeckten Tisch setzen können". Fasten gebe so eine "minimale Ahnung davon, was es heißt, Selbstverständliches entbehren zu müssen. Die sozialen Schieflagen unserer Welt verlangen doch nach einer größeren Solidarität", zeigte sich der Bischof überzeugt.
Als Begleitprogramm empfahl Glettler Exerzitien, geistliche Übungen, das Sakrament der Beichte und den Verzicht auf Rechthaberei und Wichtigtuerei. Er riet zu einem "bewussten Nicht-Übertreiben", denn Fasten sei kein "moralischer Hochleistungsbewerb", sondern eine "Schulung der geistlichen Aufmerksamkeit für das Leben". Als sinnvoll erachtete er etwa den Verzicht auf das Smartphone und die Zeit der Beschäftigung mit diversen Nachrichten auf WhatsApp, facebook und anderen sozialen Medien, drastisch einzuschränken. Selber will er möglichst auf Alkohol und Fleisch verzichten, "was mir nicht leicht fällt, weil sich meine Begabung für eine vegetarische Lebensweise in Grenzen hält".
Immanent sei dem Fasten außerdem eine gewisse Form des Scheiterns. Scheitern und Neubeginn gehörten dazu, "denn nur so lernen wir, etwas persönlicher an die Barmherzigkeit Jesu zu glauben". Zählen würden die "vielen kleinen Versuche, das eigene Leben deutlicher an Jesus Christus auszurichten".
Quelle: kathpress