Theologen "befremdet" über Benedikt-Kritik an Hünermann
"Mit Bedauern und Befremden" haben zwei führende Theologen aus Österreich und Südtirol auf die zuletzt bekannt gewordene Kritik von Benedikt XVI. am deutschen Theologen Peter Hünermann reagiert. Wer Hünermanns umfangreiches theologisches Werk kenne, "weiß, dass der Vorwurf einer antikirchlichen und antipäpstlichen Haltung nicht zutreffend ist", so die Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Sigrid Müller, und der in Brixen lehrende Moraltheologe Martin M. Lintner in einer "Kathpress" vorliegenden Stellungnahme am Mittwoch. Die beiden ehemaligen Präsidenten der "Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie" (ET) betonen darin auch, dass die ET "zu keinem Zeitpunkt" als eine "Organisation in Opposition zum päpstlichen Lehramt" gedacht gewesen sei.
Die Worte Benedikts XVI. zeugten von zurückliegenden Spannungen zwischen Theologen sowie zwischen Theologie und Lehramt, die auf persönlicher Ebene tiefe Verwundungen hinterlassen hätten, so Müller und Lintner. "Wir hoffen, dass diese Spannungen aufgrund von unterschiedlichen theologischen Argumentationslinien einer wechselseitigen Würdigung weichen können." Neben einer berechtigten Pluralität theologischer Ansätze und den je eigenen Anforderungen an unterschiedliche Aufgaben und Ämter innerhalb der Kirche wüssten sich Theologen und Theologinnen "immer auch im gemeinsamen Engagement für Glaube, Theologie und Kirche verbunden".
Hintergrund ist jener Brief an den vatikanischen Mediendirektor Dario Vigano, mit dem der emeritierte Papst zuletzt die Verfassung eines Geleitworts für eine elfbändige Schriftenreihe über die Theologie seines Nachfolgers Franziskus aus Zeitgründen ablehnt hat. Dass der Vatikan das Schreiben zunächst nur in Auszügen veröffentlichte, führte am Mittwoch zum Rücktritt Viganos.
Benedikt: "Antipäpstliche Initiativen"
Für Diskussionen sorgen aber auch die Worte, mit denen Benedikt XVI. in dem Brief auch seine "Überraschung" über die Beteiligung des früheren Tübinger Dogmatikers Hünermann an der Publikation zum Ausdruck brachte. In einem zunächst vom Vatikan nicht veröffentlichten Absatz, schrieb Benedikt XVI., Hünermann sei während seines Pontifikats durch "antipäpstliche Initiativen" aufgefallen. Der emeritierte Papst erinnerte auch an die maßgebliche Beteiligung Hünermanns an der "Kölner Erklärung" von 1989, die auf heftige Weise die Lehrautorität des Papstes besonders in Moralfragen angegriffen habe. Ferner habe Hünermann die "Europäische Theologengesellschaft" anfänglich als papstkritische Organisation gegründet; erst das kirchliche Empfinden vieler beteiligter Theologen habe den Charakter der Vereinigung verändert.
Die früheren ET-Präsidenten Müller und Lintner hielten dazu am Mittwoch fest, dass die "Europäische Gesellschaft für Katholische Theologie" niemals als eine Organisation in Opposition zum päpstlichen Lehramt gedacht gewesen sei, sondern "von Anfang an als eine gesamteuropäische Plattform für den Dialog von Theologinnen und Theologen aller theologischen Disziplinen, im Kontext der damaligen politischen Ereignisse besonders mit Blick auf Theologinnen und Theologen aus den mittel- und osteuropäischen Ländern".
Quelle: Kathpress