Expertin: Medien beeinflussen Körperwahrnehmung negativ
Die Vermittlung vermeintlich idealer Körperformen via Medien beeinflusst die Körperwahrnehmung junger Menschen negativ: Das betonte die Psychosomatikerin Hertha Mayr vom Kepler Universitätsklinikum am Dienstag bei einem Pressegespräch anlässlich des "Welttags der geistigen Gesundheit" in Linz. Medien stellten zwar ideale Möglichkeiten dar, neue Rollenbilder zu finden, das unrealistische Schlankheitsideal und die Flut an Bildern mit Idealmaßen schüre allerdings die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. Eine so erzeugte "Gleichmachung" berücksichtige nicht, "dass Menschen lebendige, sich stets verändernde Wesen sind", so Mayr.
In den westlichen Industrieländern entstehe dadurch vor allem bei Mädchen mit Überangepasstheit in der Kindheit und mangelnder Entwicklung eines positiven Selbstwertes und Körpergefühles ein erhöhtes Risiko für Essstörungen. Der Versuch, dem Idealbild zu entsprechen, führe zu einem "Megastress", einem Gefühl des Scheiterns und einer Verschlechterung des generellen Wohlbefindens.
Die Expertin riet deshalb, Jugendliche in ihrer Unterschiedlichkeit zu bestärken und zu fördern. Die Gesellschaft brauche ein Konzept von Schönheit, das Vielfalt und Unterschiede respektiert. Eltern und andere Bezugspersonen mahnte Mayr zu einer sorgfältigen Reflexion der eigenen Vorstellungen, da diese eine Vorbildfunktion hätten und die Entstehung ungünstiger Rollenbilder unterstützen könnten. "Hilfreich für von Essstörungen Betroffene sind sogenannte 'recovery stories', also nachvollziehbare Geschichten von Menschen, die es wirklich geschafft haben, aus einer Essstörung herauszufinden."
Gesellschaft der "Selbstoptimierung" überfordert
Die Gesellschaft begünstige aktuell einen Persönlichkeitstypus, "der selbstbestimmt, risikobereit und ichorientiert ist, die Wirklichkeit neu schaffen will und der auf Lifestyle und abwechslungsreiche Erlebniswelten setzt. Begrenzende Aspekte der Wirklichkeit wie Leid, Krankheit oder Alter passieren nur anderen und werden verleugnet", wies Barbara Lanzerstorfer-Holzner von der TelefonSeelsorge Oberösterreich hin. Digitale Medien nutze dieser Typ Mensch für die eigene narzisstische Selbstdarstellung.
In einer Gesellschaft der "Selbstoptimierung" und des Wettbewerbs seien Jugendliche heute vor allem mit der Forderung nach Self-Care und Selbstmanagement konfrontiert, die allerdings oft zu Überforderung führten. "Die Außenwelt wird vielfältiger, so auch die Möglichkeiten der Menschen. Die Vorteile, die sich daraus ergeben, sind Freiheit und Individualität, die Schwierigkeiten: Verlust von Sicherheiten und klaren Identitäten", so die Verantwortliche für das "ElternTelefon".
Digitale Medien böten allerdings auch neue Möglichkeiten und Chancen, erläuterte Lanzerstorfer-Holzner. Die Telefonseelsorge nutze diese etwa in ihren Beratungen per E-Mail oder im Chat. Besonders wirksam mache die Online-Beratung das dafür erforderliche Niederschreiben der eigenen Probleme. "Dadurch kommen Menschen mit sich selbst in Kontakt und können Probleme mit mehr Distanz betrachten."
Auch Beratung via Internet
Die Beratung via Internet zielt vor allem auf Personen ab, denen computervermittelte Kommunikation alltagsvertraut ist, richte sich aber auch an Menschen, "denen es leichter fällt, ihre Gedanken niederzuschreiben als auszusprechen". Die Anonymität und räumliche Distanz schaffe dabei einen Schutzmantel, führte die Expertin aus. Die Beratungen im Einzelchat finden nach vorheriger Terminvereinbarung statt und dauern etwa 45 Minuten.
Die häufigsten Gründe, weshalb sich Ratsuchende an die Onlineberatung wenden, sind Beziehungsprobleme in den vielfältigsten Formen, gefolgt von Einsamkeit und Isolation bzw. Problemen bei der Alltagsbewältigung. Besonders häufig finden sich auch Themen wie psychische Erkrankungen bis hin zu Suizidgedanken. Der Großteil der Ratsuchenden ist weiblich (75 Prozent), etwa die Hälfte derer, die Onlineberatung in Anspruch nehmen, sind jünger als 30 Jahre. Die Telefonseelsorge ist unter der Nummer 142 erreichbar. (Infos: www.telefonseelsorge.at)
Quelle: kathpress