Theologe Beck präsentiert neues Buch über Ethik des Besseren
Der christliche Glauben enthält in seinem Kern keine Verbotsmoral, sondern er ermutigt zur freien Selbstentfaltung und einer Ethik des Besseren: Das ist die Kernthese des neuen Buches von Matthias Beck, das der Wiener Moraltheologe am Dienstagabend präsentiert hat. Ziel des Buches mit dem Titel "Was uns frei macht. Für eine Spiritualität der Entfaltung" sei es, den "revolutionär positiven Kern des Christentums" wieder frei zu legen, um den reflektiert Glaubenden zu einem geglückten, erfüllten und zugleich gegenüber den Versuchungen den Zeit resilienten Leben zu ermächtigen", so der Autor vor zahlreichen Gästen im Thomassaal des Wiener Dominikanerkonvents.
Die Krise des Glaubens habe damit zu tun, dass die Kirche zu lange auf eine auf Verbote fixierte Moral und einen Glauben, der sich auf ein Für-wahr-Halten von Katechismussätzen beschränkte, gesetzt habe. Theologie und Kirche seien zu einem "Paradigmenwechsel" aufgefordert, in dem nicht mehr Normen und Regeln sondern zuallererst der Mensch im Zentrum stehen müsse. "Papst Franziskus hat bereits diesen Paradigmenwechsel eingeleitet, indem er den Menschen vor das System und die Barmherzigkeit vor das Gesetz stellt", konstatierte Beck. Diese Hinwendung zum Menschen sei auch der eigentliche Grund, weswegen der Papst von Kritikern aus den eigenen Reihen massiv angegriffen werde, denen es primär um ihre Stellung und Macht im System gehe.
Demgegenüber müsse eine christliche Ethik bei der biblischen Sicht des Menschen ansetzen, von dem es über seine Schöpfung am Beginn der Heiligen Schrift heißt, "dass es gut war". "Es ist gut, dass Du da bist", diese Botschaft und das Angenommensein des Menschen von Gott her müsse der Ausgangspunkt christlicher Ethik sein. "Zuerst muss das Leben in Gang kommen, erst danach braucht es ethische Regeln als Leitplanken für ein bewegtes Leben", so der Priester und ausgebildete Arzt und Pharmazeut. Diese Regeln finde ein spiritueller Mensch in sich, denn:
In dir selbst gibt es einen Grund, der Halt gibt. Du trägst alles in Dir, was du zum Leben brauchst.
Damit wolle er deutlich machen, dass das Christentum eine spirituelle Religion ist. "Es gibt keine andere Religion, in der der Geist, den jeder in sich trägt, sogar eine eigene göttliche Person ist", so Beck, der für Christen daraus eine klare Option ableitet: Zuerst "Gott und ich" und erst dann die Gemeinschaft. Biblisch gesprochen: "Man muss Gott mehr gehorchen, als den Menschen." Primär brauche es die Beziehung zu Christus und das Hören auf die innere Stimme, dies müsse die Kirche in der Glaubensverkündigung klar machen und dürfe sich daher nicht selbst an die erste Stelle setzen. Theologiegeschichtlich hätten das Martin Luther, aber auch Ignatius von Loyola erkannt. Um das Innere zu stärken habe der Gründer des Jesuitenordens bis heute wertvolle geistliche Übungen, "Exerzitien", entwickelt.
Aus einer derart spirituell fundierten christlichen Ethik erwachse sowohl ein Können als auch ein Müssen im Blick auf die persönlichen Entfaltung. Es gebe daher eine christliche Verpflichtung , sich mit der eigenen Biografie auseinanderzusetzen und positiv zu entfalten. "Wir sollen Frucht bringen, wir sollen mehr Frucht bringen, wir sollen vollkommen sein, wir sollen aus fünf Talenten zehn machen", das sei der biblische Anspruch einer positiven Ethik, so Beck.
Matthias Opis, Leiter des "Styria"-Verlags, in dem das Buch erschienen ist, bezeichnete eingangs Beck als einen Autor mit "Überraschungseffekt und Mut". Letzteren brauche es, um wie Beck Erkenntnisse aus der Medizinethik und der Theologie einem breiten Publikum so zu vermitteln, ohne gleichzeitig aus der Welt der Wissenschaft verstoßen zu werden.
Quelle: kathpress