Aktion Leben: Zeit vor der Geburt entscheidend für ganzes Leben
"Der Wert von Schwangeren-Beratung wird oft unterschätzt. Dabei ist gerade die Zeit vor der Geburt sehr bedeutsam für das ganze weitere Leben eines Menschen." Das betonte Gertraude Steindl, ehrenamtliche Präsidentin der "Aktion Leben Österreich", bei der Fachtagung "Wozu Schwangerenberatung?" am Donnerstag in Wien. Experten verschiedenster Fachbereich erörterten dabei die Bedeutung und Nachhaltigkeit professioneller Schwangerenberatung. Der Tenor laut einer Aussendung der "Aktion Leben": Eine gute Schwangerenberatung sei die effizienteste Form von Prävention vieler psychischer und physischer Krankheiten und stärke zugleich die für alle Beteiligten wichtigen Bindungen. Steindl:
Schwangeren-Beratung ist ein Angebot an Frauen, aber auch an Männer, in einer sehr verletzlichen Phase ihres Lebens, in einer Phase, die voll von Ambivalenzen steckt und in der die Ratsuchenden ahnen, aber noch nicht wirklich wissen, wie groß die Herausforderungen sind, vor denen sie stehen.
Die Psychologin und Sozialarbeiterin Christine Loidl sensibilisierte für die psychischen Herausforderungen im Laufe der Schwangerschaft anhand einer Zeitachse. "Am Anfang der Schwangerschaft geht es um die Integration des neuen Lebens in den eigenen Körper und in die Psyche der Frau. Gelingt dieses Annehmen nicht, befindet sie sich in einem Schwangerschaftskonflikt, also in einem Entscheidungskonflikt zwischen einem Schwangerschaftsabbruch und einem Leben mit dem sich entwickelnden Kind", so Loidl.
In dieser psychischen Krise sei es für die Betroffenen wichtig, zeitnah an spezialisierte und unabhängige Fachpersonen wie bei der "Aktion Leben" zu gelangen, die in dieser Situation Wissen und Unterstützung bieten. Auch im weiteren Verlauf könne Schwangerenberatung eine Frau entlasten, etwa bei existenziellen Ängsten, Angst vor Fehlgeburt oder bei Unklarheiten beim Kinderbetreuungsgeld. Diese Entlastung wirke sich positiv auf das Befinden der schwangeren Frau und die Entwicklung des ungeborenen Kindes aus.
Zunehmende Bedeutung der Epigenetik
Prof. Georg Simbruner, Neonatologe und Theologe, wies auf die Wirksamkeit der Epigenetik über die Generationengrenze hin. Zahlreiche Studien würden zeigen, dass viele Krankheiten, die sich erst im Erwachsenenalter zeigen, fötalen Ursprungs seien. "Sehr gut bekannt ist, dass die fünf Hauptkrankheiten - Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Fettleibigkeit und Diabetes - pränatal geprägt werden. Auch die Verarbeitung von Stress wird vor der Geburt geprägt", zeigt der Arzt auf. Er plädiert dafür, dass das Thema Schwangerschaft auch in der Politik mehr Gewicht bekommt:
Es wäre gesundheitspolitisch ein enormer Fortschritt, wenn es gelänge, die fünf Grunderkrankungen einzudämmen. Frauen brauchen das Gefühl: Ich bin als schwangere Frau willkommen, geborgen, auch finanziell abgesichert.
Wie sich die familiären Rollenbilder in den letzten 50 Jahren verändert haben, erörterte Philipp Leeb, Gründer des Vereins "poika" (Verein zur Förderung von gendersensibler Bubenarbeit in Erziehung und Unterricht). "Die Väter der Gegenwart wollen gemeinsam und aktiv erziehen - nicht nur am Wochenende, sie wollen dabei sein, Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen. Dabei gibt es allerdings Barrieren: ökonomische, Überforderungen und Ängste." Er wies in seinem Vortrag auf die Bedeutung der Unterstützung und Beratung werdender Väter hin.
Quelle: kathpress