Familienverband fühlt Parteien vor Wien-Wahl auf den Zahn
Der Katholische Familienverband Wien (KFVW) hat den wahlwerbenden Parteien im Vorfeld der Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober auf den Zahn gefühlt. Allen im Rathaus vertretenen Parteien wurde ein ausführlicher Fragebogen zu Themen wie Kindergesundheit und -betreuung, Pflege, familienpolitische Vorhaben und Sonntagsöffnung zugestellt, auf den diese ebenso ausführlich antworteten. Die auf der Website des Verbands veröffentlichten Ergebnisse sollen den Wahlberechtigten zur Orientierung dienen und dazu beitragen, dass Wien die "familienfreundlichste Stadt der Welt" wird, wie es in einer Aussendung der Familienverband-Verantwortlichen dazu heißt.
Gefragt wurde auch: "Welche familienpolitischen Maßnahmen und Forderungen anderer Parteien finden Sie unterstützenswert?" Dabei sei positiv aufgefallen, dass trotz aller Unterschiede versucht werde, auch überparteilich zu agieren. "In einer Zeit, in der häufig gemeinsame Anliegen der Parteipolitik zum Opfer fallen, ist dies ein sehr schöner, verbindender Schritt", meinte KFVW-Vorsitzende Barbara Fruhwürth.
Einigkeit herrschte etwa beim hohen Stellenwert, dem Kindergesundheit bzw. eine ausreichende Zahl von Kinderarztpraxen beigemessen wird. Die Wiener SPÖ nimmt diesbezüglich freilich auch Sozialversicherung und Ärztekammer in die Pflicht, die ÖVP will die Mediziner besser entlohnt wissen, die Grünen plädieren für die Wiedereingliederung der oft nicht leistbaren Wahlärzte ins Gesundheitssystem, die FPÖ setzt auf mehr Prävention, die Neos wollen wie andere Parteien auch mehr Primärversorgungszentren.
Streitpunkt Ganztagsschule
Bei den Themen Kindergarten und schulische Nachmittagsbetreuung sprechen sich praktisch alle Parteien für eine Senkung des Betreuungsschlüssels aus, die regierende SPÖ verweist auf eine bereits erfolgte Personaloffensive. Auch die vom Familienverband geforderte Wahlfreiheit der Eltern bei der Nachmittagsbetreuung wird von den Parteien unterstützt, die rot-grüne Rathaus-Koalition möchte die Ganztagsschule ausbauen. Dazu der KFVW:
Die kostenlose verschränkte Ganztagsschule sehen wir immer noch als massive Benachteiligung für zahlreiche Familien, sowohl bei der Wahlfreiheit als auch finanziell.
Beim großen Zukunftsthema Pflege sehen alle Parteien Handlungsbedarf. Die ÖVP verweist auf die vom Kabinett Kurz geplant umfassende Pflegereform, die SPÖ verspricht, dass bei Bedarf jeder einen Pflegewohnplatz erhält. Die Entlastung pflegender Angehöriger bzw. Ausweitung des Angebots in Richtung Tageszentren oder Alltagsbegleitung haben sich praktisch alle Parteien auf ihre Fahnen geheftet; die FPÖ will darüber hinaus Pflegezeiten voll für die Pension anrechnen und den pflegenden Personen ein "marktübliches Gehalt" durch die öffentliche Hand zugestehen.
Die bekannten Unterschiede zeigen sich bei der Frage nach der Sonntagsöffnung: ÖVP und Neos plädieren für einen Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten etwa in Tourismuszonen; SPÖ, Grüne und auch die Freiheitlichen setzen sich - zur Zufriedenheit des Familienverbands - für die Beibehaltung des arbeitsfreien Sonntags ein.
Der Wiener Katholische Familienverband will sich ungeachtet der Versprechungen im Wahlkampf "politisch nicht ausruhen". Vorsitzende Fruhwürth: "Als Interessensvertretung sind wir auch in Zukunft an den Themen dran und setzen uns für Familien ein."
Der KFVW-Fragebogen, die Antworten im Wortlaut und eine Zusammenfassung sind unter http://www.familie.at/wien/wienwahl2020 abrufbar.
Quelle: kathpress