Frauenfrage in der Kirche: Theologin ortet "Scheuklappen"
Wenn es um die Frage nach der Öffnung der Weiheämter für Frauen geht, herrschen in der katholischen Kirche "Scheuklappen" und "Starrheit" vor: Das hat die deutsche Theologin Julia Enxing auf der theologischen Feuilleton-Plattform feinschwarz.net kritisiert. Die Debatte um die Frauenfrage in der Kirche habe mittlerweile einen Bart, wandte sich die Professorin für Systematische Theologie an der TU Dresden gegen immer wiederkehrende Argumentationsmuster. Es gebe bereits weibliche Geistliche im Judentum, Christentum und auch im Islam, in der katholischen Kirche gelte dieses Ansinnen jedoch "als spalterisches Gedankengut". Enxings Appell an die Bischöfe: "Wagt euch hinaus in die Welt der Religionen und lernt, die eigne Starrheit zu hinterfragen."
Kritik äußerte die Theologin vor allem an "Argumenten aus der Mottenkiste", die bei der Frage nach der Gleichberechtigung und der Öffnung der Weiheämter ständig wiederholt würden - "überzeugt haben sie deshalb noch lange nicht". Und diese Argumente hätten die theologische Ebene längst verlassen, stellte die Wissenschaftlerin fest. Die "Frauenfrage" sei zur Stellvertreterdebatte für das Thema "Macht" in der Kirche geworden.
Als Einwand gegen Frauenpriestertum und -diakonat wird laut Enxing besonders die Sorge um die Einheit der Kirche betont, was Sonderwege einzelner Länder nicht zulasse. Es herrsche Angst vor einer Spaltung und einem "großen Schisma", da viele Gläubige gegen eine Öffnung der Weiheämter seien. Vergessen werde dabei jedoch auf die Gläubigen, die die Kirche wegen der "strukturellen Diskriminierung" von Frauen bereits verlassen hätten, gab die Theologin zu bedenken.
Selbst das Traditionsargument mit ausschließlich männlichen Repräsentanten Jesu könne nicht gänzlich überzeugen: "Selbst wenn die kirchliche Tradition so ausgelegt wird, dass bisher nur männliche Bischöfe in der apostolischen Sukzession standen, kann dann wirklich die 'Apostolizität' gegen die 'Einheit' und die 'Katholizität' ausgespielt werden? Müsste es nicht gerade um der Einheit willen darum gehen, eine größere Pluralität zuzulassen und allen, die die Einheit konstituieren, das Recht zugesprochen werden, auf allen Ebenen auch angemessen repräsentiert zu sein?", so die Theologin, die Mitglied der von Wien aus koordinierten "feinschwarz.net"-Redaktion ist.
"Katholische Kirche hinkt hinterher"
Als Argument gegen die Frauenordination wird laut Enxing auch Rücksicht auf "die Weltkirche" gebracht, wonach "Frauen und Männer längst nicht überall so emanzipiert sind und gleichberechtigt wie hier". Der Verweis auf die Kirche "als umfassende Weltkirche" klinge zwar international, offenbare jedoch einen "eurozentrischen Tunnelblick" auf "die Frau". Der Rekurs auf die Weltkirche sei damit "ein Scheinargument in einer Debatte, der es gerade nicht um die Weltkirche geht und die einen weiteren argumentativ-kümmerlichen Versuch darstellt, die letzte Bastion des Patriarchats zu retten", betonte die Theologin, die auch Teilnehmerin an einem interreligiösen Podium zum Thema "Gleichberechtigung in den Religionen" Ende September war.
Längst gebe es altkatholische Priesterinnen, Imaminnen oder evangelische Pastorinnen. Dies mache deutlich, dass "nicht-katholische Gläubige weltweit auf dem Vormarsch in Sachen Frauenordination sind". Die katholische Kirche hinke hinterher. Enxing empfahl den Bischöfen, bei den "Frauen der Weltkirche", bei jungen Leuten, in den Hauskirchen Amazonas oder bei queeren Gemeinden nachzufragen und von ihnen zu lernen. Denn: "Wer nur die (alten) Männer fragt, der bekommt die ewig gleiche Antwort: 'Frauenweihe? Wo kämen wir denn da hin?'"
Quelle: kathpress