Theologe: Empathie ist die Schlüsselfähigkeit für Zusammenhalt
Für Zusammenhalt braucht es Empathie, den Fokus auf das Gemeinsame sowie Kooperation und Solidarität authentischer Menschen. Davon ist Martin Dürnberger, Assoziierter Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg, überzeugt. Sich ansprechen zu lassen "von dem, was einen anderen betrifft", bezeichnete der Obmann der "Salzburger Hochschulwochen" im Interview mit der Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitungen sogar als "Schlüsselfähigkeit". Dafür müsse man von sich selbst und von Eigeninteressen absehen können.
Die Salzburger Tagung biete seit 90 Jahren Platz für "reflexive Katholizität", so Dürnberger, heuer ab Mittwochabend zum Thema "Was hält uns (noch) zusammen? - Über Verbindlichkeit und Fragmentierung".
In Krisenzeiten zeige sich schnell, ob eine Gesellschaft Zusammenhalt lebt. Der Begriff der "Herdenimmunität" in Zeiten einer Pandemie sei beispielgebend. Denn, "es geht um das Wir, um das Gemeinsame. Es braucht Kooperation und Solidarität", sagte Martin Dürnberger. Zugleich sehe man, wie schwer das sein kann, etwa wenn es darum gehe, coronabedingte Umstellungen ohne Zwang umzusetzen. Diese Umstellungen stellen laut dem gebürtigen Oberösterreicher eine Belastungs- und Zerreißprobe dar, für jeden einzelnen Menschen, für die Gesellschaft, die Weltgemeinschaft, die Politik und die Kirche. Mit Blick auf die jüngste Flutkatastrophe zeige sich, dass gemeinsame Erfahrungen und Empathie für Zusammenhalt sorgen.
Einheit in Vielfalt
Die Kirche sei in ihrer Vielfalt durch authentische, verbindliche Menschen verbunden. "Sie können aus ganz unterschiedlichen Kontexten, Lagern oder Milieus kommen, aber ihnen ist die frohe Botschaft wirklich ein Anliegen." Authentisch zu sein, habe viel damit zu tun, das zu leben, "was man selbst fordert". Zuhören, sich etwas sagen zu lassen, aber auch die eigene Meinung präsentieren zu können, hält Dürnberger für entscheidend.
Zudem seien Großzügigkeit und Gottvertrauen wesentlich für Zusammenhalt. "Auch, wenn nicht alles so gelaufen ist, wie ich mir das ursprünglich dachte, halte ich es aus", veranschaulichte Dürnberger. Es gelte, großzügig mit sich selbst und anderen gegenüber zu sein, dass die Dinge anders sind. Dafür brauche es auch Gottvertrauen oder Solidarität: "Wenn mich etwas an und für sich nicht betrifft, muss ich mich nicht solidarisieren, aber ich kann."
Das 90-Jahr-Jubiläum der Salzburger Hochschulwochen mitfeiern zu können, bedeute für den 41-jährigen Familienvater "Auftrag, Ehre, Freude und Dankbarkeit" zugleich. Immerhin sind die Namen bekannter Forscherpersönlichkeiten wie Jan und Aleida Assmann, Johann Baptist Metz, Karl Rahner oder Joseph Ratzinger inzwischen mit dieser Tagung verbunden.
Angesichts des "massiven Transformationsprozesses", in dem sich Religion und Gesellschaft befinden, seien es vor allem "Orte der Reflexivität", die Religionen brauchen, meinte Dürnberger. Damit seien Orte gemeint, "wo es darum geht, sich einen Moment Auszeit zu nehmen, miteinander ins Gespräch und zum Nachdenken zu kommen". Es gelte, sich gemeinsam den aktuellen Fragen und Herausforderungen zu stellen. "Wir wollen ein fragendes Christentum sein - ich nenne es reflexive Katholizität", sagte er abschließend.
Die diesjährige Tagung bietet bis Sonntag, 8. August pandemiebedingt eine Mischung aus Podcast, Live-Veranstaltungen - die auch gestreamt werden - und Videos. Die Hochschulwochen, die u.a. von der Äbtekonferenz der Benediktiner, dem Katholischen Hochschulwerk Salzburg, der Görres-Gesellschaft, von den Katholischen Akademikerverbänden Deutschlands und Österreichs sowie vom Forum Hochschule und Kirche der Deutschen Bischofskonferenz getragen werden, sind Teil der Universität Salzburg. (Infos und kostenlose Anmeldung unter www.salzburger-hochschulwochen.at)
Quelle: kathpress