
Caritas: 8,8 Millionen Menschen in Syrien vom Erdbeben betroffen
Gut ein Monat nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist die humanitäre Lage vor Ort nach wie vor sehr besorgniserregend, wie die Caritas am Sonntag in einer Aussendung mitteilte. 8,8 Mio. Menschen seien alleine in Syrien betroffen, die direkten Schäden würden im Land auf über fünf Mrd. Euro geschätzt. Caritas-Präsident Landau: "Mit Syrien trifft das Erdbeben ein Land, das ohnehin schon in einer tiefgreifenden humanitären Krise steckt. Seit 12 Jahren tobt ein erbitterter Bürgerkrieg, der neben zahlreichen Opfern und unermesslichem menschlichen Leid auch einen wirtschaftlichen Niedergang zur Folge hatte."
Bei gleichzeitig rasant steigenden Preisen für Lebensmittel sei bittere Armut und Hunger längst zum Alltag für viele Syrerinnen und Syrer geworden. "Die ohnehin schon Ärmsten der Armen trifft es mit dem Beben nun erneut. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, diese Menschen nicht im Stich zu lassen", so Landau. Er appellierte zugleich an die österreichische Regierung, die finanziellen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe weiter zu erhöhen.
Andreas Knapp, Auslandshilfe-Generalsekretär der Caritas Österreich, verdeutlichte die Katastrophe in Syrien mit weiteren Zahlen: Insgesamt 13,76 Mio. Menschen mussten aufgrund des Krieges fliehen bzw. wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Neun von zehn Syrern leben unterhalb der Armutsgrenze, 12 Mio. Menschen leiden an Hunger, 550.000 Kinder sind chronisch unterernährt. Knapp: "Die Situation war bereits vor den Erdbeben dramatisch: Über 15,3 Mio. Menschen waren auf humanitäre Hilfe angewiesen." Besonders betroffen seien Kinder. 2,4 Mio. Kinder konnten im Jahr 2021 nicht zur Schule gehen, die Dunkelziffer liege allerdings weit darüber, so der Auslandshilfe-Chef: "Viele Kinder kennen Syrien ihr ganzes Leben lang nur im Krisenzustand!"
Das Erdbeben habe die Situation nun nochmals enorm verschärft. 6.000 Syrer seien ums Leben gekommen, Zehntausende verletzt. "Insgesamt sind 8,8 Mio. Menschen in Syrien von den Folgen des Erdbebens betroffen", so Knapp: "Wenn es in so einer Situation so etwas wie eine gute Nachricht gibt, dann ist es die, dass Hilfe möglich ist und die Hilfe wirkt. Dank der großen Solidarität der Österreicher konnten Hilfsorganisationen wie die Caritas sofort mit Nothilfe aktiv werden."
Mit Partnern vor Ort habe man mittlerweile rund 20 Notunterkünfte für Menschen, die ihr Zuhause verloren haben, bereitstellen können. Knapp: "Über die Caritas Syrien und die Partnerorganisation GOPA - DERD konnten mehr als 90.000 Menschen in Aleppo, Latakia und Hama mit Matratzen, Decken, Kleidung, Lebensmitteln, Hygienepaketen und medizinischen Artikeln versorgt werden."
Lockerung der Sanktionen umsetzen
Um noch rascher und effizienter helfen zu können, forderte Knapp, "dass die Ankündigungen der Lockerungen von Sanktionen gegen Syrien unmittelbar umgesetzt werden. Die Sanktionen auf die Einfuhr gewisser Hilfsgüter und, dass bisher etwa keine Geldüberweisungen nach Syrien möglich waren, erschwert die Hilfe enorm."
Wichtig sei dies auch für die längerfristige Hilfe, so Knapp: "Unsere Hilfe ist immer auf zwei Säulen aufgebaut: Der akuten Nothilfe und der Schaffung von Perspektiven. Dazu gehört etwa, dass wir allein im Jahr 2022 mehr als 3.000 Kinder und Jugendliche in Syrien dabei unterstützt haben, ihr Recht auf Bildung wahrnehmen zu können." Diese längerfristige Hilfe in Syrien werde auch aufgrund des Erdbebens nun weiter ausgebaut.
Entwicklungspolitik stärken
Caritas-Präsident Landau hielt im Blick auf die österreichische Regierung fest: "Dass die Bundesregierung sehr rasch humanitäre Hilfe und Unterstützung im Katastrophengebiet zugesagt hat, erkennen wir ebenso an, wie die Erhöhung der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit für 2023. Angesichts des enormen Bedarfes an humanitärer Hilfe - weltweit sind 339 Mio. Menschen, so viele wie noch nie, auf humanitäre Hilfe angewiesen - muss Österreich diese Richtung konsequent weiterverfolgen."
Trotz der Erhöhung hat Österreich das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe aufzuwenden, noch lange nicht erreicht. Zudem fordere die Caritas seit Jahren die Planbarkeit der finanziellen Mittel für Humanitäre Hilfe, so Landau: "Entwicklungspolitik muss in Zeiten multipler Krisen noch größere Anerkennung finden. Nur mit planbaren Mitteln kann schnell und effizient gehandelt werden. Diese Hilfe rettet Leben: Sie macht satt, gibt ein Dach über dem Kopf und ermöglicht Perspektiven. Zugleich investieren wir damit auch in die Stabilität und Sicherheit in Österreich".
(Spenden: Caritas Österreich, Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560,
Kennwort: Erdbeben Syrien und Türkei bzw. www.caritas.at/erdbeben-syrien-tuerkei)
Quelle: kathpress