Synode in Rom geht mit Aufruf zur Kontroverse in die zweite Woche

Mit inhaltlichen Impulsen und der Einladung zu offenen Auseinandersetzungen ist die Welt-Synode im Vatikan in ihre zweite Beratungswoche gestartet. Der Inhalte-Koordinator der Versammlung, der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich, griff zur Einführung in das zweite von insgesamt Arbeits-Modulen während des vierwöchigen Treffens am Montag den Wunsch von Papst Franziskus auf, dass die katholische Kirche niemanden ausschließen dürfe.

Vor den mehr als 300 Mitgliedern der Versammlung sagte der sogenannte "Generalrelator" der Synode: "Alle sind eingeladen, Teil der Kirche zu sein." Jesus habe die Gemeinschaft mit seinem Vater auf alle Menschen ausgedehnt. "Sind wir bereit, das Gleiche zu tun? Sind wir bereit, dies mit Gruppen zu tun, die uns irritieren könnten, weil ihre Art zu sein unsere Identität zu bedrohen scheint?", fragte Hollerich und ergänzte: "Wenn wir wie Jesus handeln, werden wir Gottes Liebe zur Welt bezeugen. Wenn wir das nicht tun, sehen wir aus wie ein identitärer Verein." Dies müsse auch Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit anderen christlichen Glaubensgemeinschaften haben.

Hollerich führte aus: "Wie können wir unseren Glauben tief in unserer eigenen Kultur leben, ohne Menschen aus anderen Kulturen auszuschließen? Wie können wir uns gemeinsam mit Frauen und Männern anderer Glaubenstraditionen für Gerechtigkeit, Frieden und integrale Ökologie einsetzen?"

Das zweite Modul der Synodenversammlung steht unter dem Thema: "Eine Gemeinschaft, die ausstrahlt." Es enthält mögliche Konfliktpunkte in der Frage, wie offen die kirchliche Gemeinschaft und mit ihren Sakramenten für Menschen mit unterschiedlichen Lebensweisen sein soll. Dazu gibt das auf Basis der bisherigen Gespräche in der vor zwei Jahren begonnenen Weltsynode erarbeitete Arbeitspapier "Instrumentum laboris" der Synodenversammlung zahlreiche Fragen zur Beratung vor. Die Auftaktsitzung des Moduls wurde, anders als die Debatten in den Kleingruppen, von den Vatikan-Medien live übertragen.

Radcliffe: Brauchen offenen Meinungsaustausch

Als zweiter Redner am Montagvormittag gab Dominikanerpater Timothy Radcliffe inhaltliche Impulse. Er appellierte an die Synodenmitglieder, sich ein Vorbild an der "sehr persönlichen und harten Meinungsverschiedenheit zwischen Paulus und Petrus" zu nehmen. Die beiden Gründungsfiguren der Kirche hatten vor etwa 2.000 Jahren über die Frage gestritten, ob die Botschaft von Jesus Christus nur für das Volk Israel oder für alle Völker bestimmt war. Letzterer Standpunkt, der des Paulus, setzte sich beim sogenannten Apostelkonzil im ersten Jahrhundert durch.

"Der Heilige Stuhl ist auf dieser leidenschaftlichen, zornigen, aber realen Begegnung gegründet", erklärte Radcliffe und kritisierte die heutige, von Intrigen getragene vatikanische Konfliktkultur: "Die Leute, die Paulus nicht leiden konnte, waren die heimlichen Spione, die tratschten und heimlich arbeiteten, die in den Korridoren flüsterten und mit einem hinterlistigen Lächeln verbargen, wer sie waren."

Radcliffe sprach sich für einen offenen Meinungsaustausch aus und plädierte für eine Kirche, die niemanden ausschließt. Er erklärte: "So viele Menschen fühlen sich in unserer Kirche ausgeschlossen oder an den Rand gedrängt, weil wir ihnen abstrakte Etiketten aufgedrückt haben." Als Beispiel nannte er Geschiedene und Wiederverheiratete sowie Homosexuelle. Der Dominikaner warb dafür, dass Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten in der Kirche sich vielleicht mit Wut, aber ohne Hass begegnen sollten. Er rief die Synodalen dazu auf, "Verkleidungen und Masken" abzunehmen, "damit wir ins Licht treten können".

Arbeitsgruppen neu gebildet

Für den Montagnachmittag war an runden Tischen in der Synodenhalle erneut ein Austausch in den mehr als 30 Arbeitsgruppen, den sogenannten "Circuli Minores", vorgesehen. Die Kleingruppen aus zehn bis zwölf Personen wurden für das zweite Modul der Synodengespräche wie vom Synodensekretariat geplant neu zusammengesetzt. Dabei seien die Gruppen sowohl nach sprachlichen als auch nach von den Synodenmitgliedern vorab angegebenen thematischen Präferenzen gebildet worden, erklärte Kardinal Hollerich. Das "Instrumentum laboris" sieht für das nunmehrige zweite Arbeitsmodul fünf Arbeitsblätter mit Themen und Fragestellungen vor. Die verschiedenen Kleingruppen würden sich mit je einem davon befassen, erklärte Hollerich.

Es sei wichtig, von konkreten Erfahrungen auszugehen - "von unseren eigenen persönlichen und vor allem von den kollektiven Erfahrungen des Volkes Gottes, das in der Phase des Zuhörens gesprochen hat", erklärte der Kardinal mit Blick auf die der nunmehrigen Bischofssynode vorangegangenen ortskirchlichen und kontinentalen Phasen des mehrjährigen weltweiten Synodenprozesses.

Passend dazu berichteten am Montag im Plenum auch mehrere Teilnehmende der Bischofssynode von ihren Erfahrungen, darunter die Sozialarbeiterin Sonia Gomes de Oliveira, die dem Nationalen Rat der Laien von Brasilien angehört. Einen Blick nach Asien ermöglichten der malaysische Priester Clarence Davedassan und die katholische Laiin Siu Wai Vanessa Cheng aus Hongkong. Metropolit Job (Getcha), der als einer der vom Papst eingeladenen Gäste aus der Ökumene an der Synodenversammlung teilnimmt, berichtete über Synodalität in der orthodoxen Kirche.

Kirchen-Versammlung bis Ende Oktober

Die Versammlung der Welt-Synode im Vatikan hat am 4. Oktober begonnen und endet mit einem feierlichen Gottesdienst am 29. Oktober. Es ist die erste Bischofssynode in der Geschichte der katholischen Kirche, an der auch nicht geweihte Männer und Frauen stimmberechtigt teilnehmen. Eine zweite und finale Beratungsrunde ist für Oktober 2024 geplant. Aus Österreich nehmen Kardinal Christoph Schönborn und der Bischofskonferenz-Vorsitzende und Salzburger Erzbischof Franz Lackner als stimmberechtigte Mitglieder teil.

Überschattet wurde der Beginn der zweiten Beratungswoche von den Nachrichten über die Gewalteskalation im Heiligen Land sowie von Mitteilungen über mehrere Corona-Infektionen unter den Synodenteilnehmern. Bei einer Messe im Petersdom beteten die Synodalen Montagfrüh um Frieden in den aktuellen Konflikten.

Quelle: kathpress