Olympia-Kaplan: Paris 2024 war religionsverbindendes Großereignis
"Die Olympischen Spiele waren nicht nur ein völkerverbindendes, sondern auch ein religionsverbindendes Großereignis." Dieses Resümee hat der österreichische Olympia- und Paralympics-Seelsorger Johannes Lackner über das am Sonntag beendete Sportgroßereignis in Paris gezogen. Der Tiroler Priester betonte am Montag im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress den hohen Stellenwert von Religion und Glaube bei den Spielen im laizistischen Frankreich, wo sonst die klare Trennung von Staat und Religion ("laicité") üblich ist.
Der gebürtige Kitzbühler war bei den Olympischen Spielen Teil eines internationalen Teams von 40 Seelsorgern, die im sogenannten "Multi-Faith-Centre" des olympischen Dorfs als geistliche Begleiter wirkten. Als "Zeugnisse der Ökumene und der interreligiösen Freundschaft" bezeichnete er die dortigen Treffen mit Gläubigen, dem Olympia-Imam, hinduistischen Seelsorgern und anderen geistlichen Vertretern, die zum gemeinsamen Gebet zusammenkamen. Im Glaubenszentrum feierte Lackner auch Messen für das österreichische Team und in englischer Sprache für internationale Gäste.
Am Sonntag ging die XXXIII. Olympiade in Paris nach rund zwei Wochen Wettkämpfen mit einer beeindruckenden Zeremonie einschließlich Feuerwerk im Stade de France zu Ende. Neben Staatschef Emmanuel Macron und Tom Cruise, der die olympische Flagge per Motorrad aus dem Stadion brachte, war auch der österreichische Olympia-Kaplan unter den 71.500 Feiernden. "Von den österreichischen Sportlerinnen und Sportlern wird aber niemand ohne Medaille nach Hause fahren", erklärte Lackner einen Tag nach der Abschlusszeremonie schmunzelnd. Der Priester, der den heimischen Athletinnen und Athleten geistlichen Beistand leistete, hatte diese vor den Wettkämpfen gesegnet und die "Wundertätige Medaille" an das österreichische Team verteilt: Sie geht auf die Gottesmutter-Erscheinungen der Vinzentinerin Sr. Catherine Labouré Anfang des 19. Jahrhunderts zurück und taucht in Zusammenhang mit Berichten über wundersame Heilungen auf.
"Es geht bei den Olympischen Spielen nicht nur um Medaillen. Jede und jeder, der dabei war, ist auch für Christinnen und Christen ein Vorbild, wenn es darum geht, Ziele zu verfolgen", so Lackner. Zwischen Small Talk, einem mehrstündigen Gespräch über Lieblingsbibelstellen und einem Besuch in der "Player's Box" beim Tennis-Match von Sebastian Ofner gegen den Russen Daniil Medwedew habe er meist nur drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht bekommen. Auch die Segler in Marseille besuchte er und freute sich mit dem Segler-Duo Lara Vadlau und Lukas Mähr über Gold im 470er-Bewerb.
"Holy Games"
Zeitgleich zu den Olympischen Spielen fanden auch die sogenannten "Holy Games" statt, die die Französische Bischofskonferenz mit dem Wunsch ins Leben gerufen hat, die christliche Dimension der Olympischen Spiele hervorzuheben. "Die Kirchen wollten Paris zu einem Ort machen, an dem auch der Glaube verkündet wird", sagte Lackner über die "Heiligen Spiele", in deren Rahmen auch er eine Messe feierte. Vor allem junge Menschen, Jugendgruppen und Studentenbewegungen seien von dem Programm angezogen worden, bei dem Glaube und Sport in Vorträgen, Gottesdiensten und Führungen thematisiert wurden.
Lackner zeigte sich zudem beeindruckt von den Glaubenszeugnissen der sportlichen Athletinnen und Athleten, etwa von der deutschen Leichtathletin Yemisi Ogunleye, die vor ihrem letzten Wurfversuch, der ihr eine Goldmedaille bescherte, zu Gott betete. Ebenso "besonders" sei das Glaubensbekenntnis des 27-jährigen niederösterreichischen Judo-Kämpfers Aaron Fara gewesen, der sich trotz seines frühen Ausscheidens bei "Jesus Christus, meinem Erlöser" bedankte. "Er hat im Interview auch das tätowierte Kreuz auf seiner Brust gezeigt, das er während des Wettkampfes abkleben musste", so Lackner.
Der Olympia-Kaplan äußerte sich auch über Widersprüchlichkeiten in den Richtlinien der Olympiade im weitesten Sinne. Mit dem "Multi-Faith-Centre" sei anerkannt worden, dass der Glaube wichtig ist und einen Platz im Olympischen Dorf hat. Gleichzeitig sei es aber nicht erlaubt, politische oder religiöse Zeichen während der Bewerbe zu zeigen.
"Verspottung des Heiligsten"
Auch eine Einlage bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele, die von kirchlicher Seite mehrfach als "Persiflage auf das Letzte Abendmahl" kritisiert wurde, bezeichnete Lackner als "unnötig". Die Inszenierung sei ein "Widerspruch zum olympischen Geist, der eigentlich vom gegenseitigen Respekt und Zusammenhalt der Völker geprägt ist". Der Tiroler Priester, der erst nach einer Bootsfahrt mit dem österreichischen Team von gekränkten Sportlerinnen und Sportlern auf die Situation aufmerksam gemacht wurde, sprach von einer "Verspottung des Heiligsten", die die Gefühle von Christinnen und Christen verletzt und auch ihn persönlich geschmerzt habe.
Nach einer kurzen Erholungsphase wird sich Lackner gegen Ende der Woche bereits auf die Paralympics vorbereiten, die von 28. August bis zum 8. September in Paris stattfinden. Für Lackner sind es "gerade die Parasportler, die ein Zeugnis der Hoffnung und des Mutes geben", denn: "Sie zeigen, wie sportliches Engagement hilft, scheinbar unüberwindbare Schwierigkeiten zu überwinden." Am Sonntag wird er die Sportlerinnen und Sportler bei der "Farwell-Feier" kennenlernen.
Quelle: Kathpress