
ICO-Appell an Regierung: Einsatz für Menschenrechte in Syrien
Der Obmann des Linzer Hilfswerks "Initiative Christlicher Orient" (ICO), Slawomir Dadas, hat an die österreichische Bundesregierung appelliert, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um dem Morden in Syrien ein Ende zu setzen. "Ich ersuche vor allem Bundeskanzler Christian Stocker und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger, sich auf bilateraler Ebene wie auch im Rahmen der Europäischen Union vehement für ein Ende der Gewalt einzusetzen", so Dadas am Dienstag gegenüber Kathpress. Unvorstellbare Gräueltaten seien in den vergangenen Tagen in der syrischen Küstenregion verübt worden; an der alawitischen Minderheit, aber auch an Christen.
Auch wenn die Regierung in Damaskus am Montag bereits ein Ende der Kämpfe in der Küstenregion verkündet hatte, seien das Morden, Plündern und Zerstören noch am Montag weitergegangen, so Dadas. Das Ausmaß der Massaker und der Zerstörungen sei noch gar nicht absehbar. Allein die Zahl der Toten liege sicher weit höher als derzeit offiziell angegeben.
Die neue österreichische Bundesregierung habe sich in ihrem Regierungsprogramm zum weltweiten Einsatz für Menschenrechte verpflichtet und angekündigt, einen besonderen Fokus auf den Schutz religiöser Minderheiten zu legen, insbesondere auf christliche Minderheiten. Nun stehe leider schon die erste Bewährungsprobe an, so Dadas.
Menschen suchen in Kirchen Schutz
ICO-Geschäftsführerin Michlin Alkahlil berichtete von dramatischen Hilferufen der ICO-Partner in der syrischen Küstenregion. Immer mehr Menschen würden aus den Dörfern im Umland von Latakia und Tartus in die Städte fliehen und in den Kirchen Zuflucht suchen. Die Pfarren vor Ort seien von den Massen an Flüchtlingen völlig überfordert. Unzählige Dörfer wurden von den Jihadisten geplündert und niedergebrannt. "Bestenfalls konnten die Menschen ihr nacktes Leben retten. Sonst haben sie alles verloren." Die ICO bittet daher dringend um Spenden, um die Menschen vor Ort versorgen zu können, so Alkhali. Man schnüre gerade ein erstes Nothilfepaket.
ICO-Obmann Dadas verwies gegenüber Kathpress auch auf den Aufruf des griechisch-orthodoxen Patriarchen Johannes X., wonach jene Kräfte, die für die Massaker an den Zivilisten verantwortlich sind, zur Verantwortung gezogen werden müssten. Er forderte die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission. Diesem Aufruf wolle sich auch die ICO anschließen und darauf sollte auch die österreichische Bundesregierung drängen, wobei darauf zu achten sei, dass es tatsächlich eine Aufarbeitung gebe und es zu einer Bestrafung der Täter komme.
Unklare Lage vor Ort
Aktivisten berichteten unterdessen aus der syrischen Küstenregion, dass Teile der Sicherheitskräfte begonnen hätten, die Spuren der Massaker zu verwischen bzw. Leichen von Opfern verschwinden zu lassen. Auch eine Weisung des neuen syrischen Verteidigungsministers vom vergangenen Samstag, in der wörtlich davon die Rede ist, dass die Exekutionen nicht gefilmt werden dürfen, gebe Anlass zu großer Sorge, hieß es unter Beobachtern. Die Jihadisten hatten ihre Verbrechen oft mitgefilmt und die Videos ins Netz gestellt.
Schon am Montag hatte die ICO berichtet, dass in den Sozialen Medien jihadistische Parolen kursieren, dass die Christen nach den Alawiten nun die Nächsten seien. Es kursierten auch Zahlen von bislang 400 bis 500 getöteten Christen. Diese Angaben ließen sich aber nicht überprüfen.
Al-Sharaa verspricht Härte des Gesetzes
Insgesamt wurden nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in den vergangenen Tagen mehr als 1.300 Menschen getötet, darunter 231 Kämpfer der neuen Führung sowie 250 Assad-treue Kämpfer. Zugleich wurden den Angaben zufolge aber auch mindestens 830 Zivilisten getötet. Die Beobachtungsstelle sprach von regelrechten "Massakern" und "Hinrichtungen", bei denen auch Kinder getötet worden seien. Die Opfer würden aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den Alawiten oder ihres Wohnorts ausgesucht. Es gibt auch Berichte, die von mehreren tausend toten Zivilisten sprechen. Belege dafür gibt es derzeit noch nicht.
Der syrische Interimspräsident Ahmed Al-Sharaa hatte am Montag angekündigt, die Verantwortlichen für das Massaker an Zivilisten in den vergangenen Tagen zur Rechenschaft zu ziehen. "Syrien ist ein Rechtsstaat. Das Gesetz wird seinen Lauf nehmen", sagte Sharaa am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Die Massentötungen von Angehörigen der Minderheit der Alawiten, denen auch der gestürzte Präsident Bashar Al-Assad angehört, seien eine Bedrohung für sein Vorhaben, das Land wieder zu vereinen, so Sharaa.
(Infos: www.christlicher-orient.at; Spenden: Hypo Oberösterreich, IBAN: AT42 5400 0000 0045 4546; Kennwort: "Syrien")
Quelle: kathpress