»Tag des Judentums«: Zeit der Umkehr
»Tag des Judentums«: Zeit der Umkehr
Ein STAND.PUNKT von Prof. Dr. Martin Jäggle
"Der Tag des Judentums ist ein Geschenk", stellte Rabbiner Schlomo Hofmeister fest und Andreas R. Batlogg fragte in "Stimmen der Zeit": "Warum gibt es den Tag nicht in Deutschland?" Mit diesem Tag hätten die Österreicher den Deutschen etwas voraus.
Als Gedenktag im Kirchenjahr führte der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) diesen Tag ein. Christinnen und Christen sollen ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusstwerden. Wie sehr sich der "Tag des Judentums" in diesen Jahren etabliert hat, zeigen die vielfältigen Veranstaltungen und Gottesdienste in Österreich. Mittlerweile ist der eine "Tag des Judentums" ausdifferenziert in einen "Tag des Lernens", einen "Tag des Gedenkens" und einen "Tag des Feierns".
2024 begehen die Kirchen in Österreich bereits den 25. "Tag des Judentums" am 17. Jänner, vor dem Beginn der Gebetswoche für die Einheit der Christen. Dabei erinnern die Kirchen an ihre Verbundenheit mit dem Judentum. "Der Tag des Judentums dient dem bußfertigen Gedenken an die jahrhundertelange Geschichte der Vorurteile und Feindseligkeiten von Christen gegenüber Juden." Mit "bußfertig" stellen sich die Kirchen dem Schmerz ihres Versagens und der bleibenden Notwendigkeit der Umkehr. Der Tag dient auch "zur Entwicklung des christlich-jüdischen Gesprächs." Die erste Aufgabe des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit ist "die Erneuerung der Kirchen aus dem Geist christlich-jüdischer Zusammenarbeit".
Zu wichtigen Beispielen für "Umkehr der Kirche" zählt die Auseinandersetzung mit judenfeindlichen Darstellungen in Kirchen.
"Zeit zur Umkehr" ist für den 25. "Tag des Judentums" zu einem leitenden Thema geworden, auch weil das wegweisende Dokument der Evangelischen Kirchen "Zeit zur Umkehr" vor 25 Jahren einen Neubeginn im Verhältnis zum Judentum darstellt und für die österreichweite Etablierung des "Tag des Judentums" wichtig war. Zu wichtigen Beispielen für "Umkehr der Kirche" zählt die Auseinandersetzung mit judenfeindlichen Darstellungen in Kirchen, wie dies u.a. seit Jahren von der Katholischen Kirche in Kärnten betrieben wird, dieses Jahr in der Stiftskirche von Millstatt. Mit St. Josef-Weinhaus wird der offizielle Gottesdienst erstmals in einer Kirche gefeiert, die "umgekehrt" ist. Nach ihrem Bau (1883) war sie "ein historischer Ort antisemitischer Propaganda". Vor zehn Jahren begann die Gemeinde Weinhaus sich mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen und "umzukehren" mit mehreren wegweisenden Maßnahmen.
In Klagenfurt ist ein ökumenischer Abend der "Zeit zur Umkehr" gewidmet. Er beschäftigt sich mit der Schuldgeschichte im Umgang mit Jüdinnen und Juden und mit der Bedeutung, die das Judentum heute für Christen und Christen hat. Sehr klar hat es Bischof Manfred Scheuer bereits formuliert: "Jesus ist ohne sein Judentum für Christen nicht zu haben."
Der 25. "Tag des Judentums" findet im Schatten des 7. Oktobers 2023 und des wachsenden Antisemitismus statt.
Der 25. "Tag des Judentums" findet im Schatten des 7. Oktobers 2023 und des wachsenden Antisemitismus statt. Salzburg widmet dem "Tag des Judentums" das Thema "Toxische Sprache: Antisemitismus von der Bibel bis zur Gegenwart." In Wien ist eine verbreitete Angst unter Christinnen und Christen zu bemerken, an Veranstaltungen mit jüdischer Beteiligung oder zu jüdischen Themen teilzunehmen. Dies zeigt sich bei Anmeldungen zu Veranstaltungen und ist mehrfach besorgniserregend.
Bedeutet das nicht, angesichts des wachsenden Antisemitismus die jüdische Gemeinde und ihre Mitglieder im Stich zu lassen? Was bedeutet das für die Kirchen in Zukunft? Beim offiziellen Gottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich am 17. Jänner 2024 in der Kirche St. Josef-Weinhaus machen die Kirchen mit ihrer umfassenden Beteiligung deutlich: Sie gedenken gemeinsam bußfertig der Vergangenheit, würdigen die Bedeutung des Judentums für das Christsein heute und treten gemeinsam gegen Antisemitismus und Judenfeindschaft auf.
em.Prof. Dr. Martin Jäggle ist Präsident des Koordinierungsausschusses für jüdisch-christliche Zusammenarbeit.
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