Menschenrechte und Religionsdialog: Anas-Schakfeh-Preis vergeben
Am Montagabend wurde in Wien erstmals der Anas-Schakfeh-Preis vergeben. Mit dem Preis werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich um Menschenrechte, den Dialog der Religionen und die Förderung von Frauen in der Gesellschaft große Verdienste erworben haben. Die evangelische Theologin Prof. Susanne Heine wurde in der Kategorie "Verdienste um den Islam und die Partizipation von Musliminnen und Muslimen in Österreich und Europa" ausgezeichnet. In der Kategorie "Verdienste um Menschenrechte, Demokratie und Förderung der Rechtsstaatlichkeit" ging der Preis an die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger, und in der Kategorie "Verdienste um Frauenförderung und deren Beteiligung an der Gesellschaft" wurde Elvira Welzig, Geschäftsführerin der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft, prämiert.
Ein Sonderpreis posthum ging an den Tiroler Erziehungswissenschaftler Prof. Peter Stöger. Der Preis ist nach dem langjährigen früheren Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, benannt. Vergeben wurde er von der "Gemeinnützigen Privatstiftung Anas Schakfeh". Der Anas-Schakfeh-Preis soll künftig alle zwei Jahre vergeben werden.
Die Preisverleihung fand in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften statt und stand unter der Schirmherrschaft von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. "Religionsfreiheit gibt es nur in einer liberalen Demokratie", hielt Sobotka in seinem Grußwort fest. Dafür kämpfe man gemeinsam. Sobotka sprach von einem "klaren gemeinsamen Bekenntnis gegen Antisemitismus" und dem gemeinsamen Einsatz für den Frieden.
Schakfeh: "Auf der Hut sein"
Anas Schakfeh gehörte zu den ersten islamischen Religionslehrern in Österreich und war am Aufbau der IGGÖ beteiligt. Während seiner Präsidentschaft (1997-2011) war er bemüht, die IGGÖ als österreichische Organisation zu etablieren. In seiner Rede bei der Preisverleihung ging er u.a. auf den Dialog der Religionen ein und sprach von einem "Mainstream-Islam", dem auch er sich zugehörig fühle. Dieser zeichne sich u.a. durch Glaubensfreiheit, Solidarität mit den Schwächeren in der Gesellschaft, Menschenwürde und Gerechtigkeit aus. Zugleich verurteilte Schakfeh extremistische Strömungen im Islam und bezeichnete diese als "abwegig, skurril bis gefährlich und gar giftig".
Schakfeh unterstrich zudem, wie sehr ihm im Islam und darüber hinaus die Gleichstellung der Frauen ein Anliegen sei. Er sprach von der "deutlichen Diskrepanz zwischen den eindeutigen Aussagen der Offenbarung bezüglich der Gleichstellung von Männern und Frauen im Islam, und den herrschenden gesellschaftlichen Gepflogenheiten".
Deutliche Worte fand er zu den Gefahren für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Europa und in Österreich. "Wir müssen nur die autoritären Tendenzen in unserer unmittelbaren Umgebung beobachten und bedenkliche Ergebnisse von Wahlen in sicher geglaubten Demokratien zur Kenntnis nehmen, um auf der Hut zu sein."
Warnung vor Zersetzung des Rechtsstaats
Über den Einsatz für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sprach auch Judith Kohlenberger in ihrer Dankesrede. Und sie warnte: "Die Unterwanderung und Zersetzung des Rechtsstaats beginnt bei jenen, die ganz am Rand stehen; die unsichtbar bleiben im Alltag, aber in der polit-medialen Debatte gerne und oft skandalisiert werden. Das sind in Österreich, wie in ganz Europa, besonders oft die Geflüchteten und Vertriebenen dieser Welt. Die, die keinen ihnen angestammten Platz mehr haben."
Prof. Heine sagte in ihren Dankesworten: "Jede Religion hat eine Geschichte der Gewalt oder eine Geschichte als Opfer, oder beides. Jede Religion hat aber auch eine Geschichte der Mitfühlung, Barmherzigkeit und Nächstenhilfe. Wir haben die Wahl, welche Geschichte wir weitererzählen wollen und bereit sind, selbst zu leben."
Sie wolle die Preisverleihung u.a. auch als Ansporn nehmen, "noch mehr zu tun, noch entschlossener vorzugehen und gemeinsam eine Gesellschaft zu schaffen, in der Frauen die gleichen Chancen haben, sich zu verwirklichen und Großes zu leisten", so Elvira Welzig in ihrer Ansprache.
Promiente Gäste und Jury
Unter den Gästen bei der Preisverleihung waren u.a. Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka, der lutherische Altbischof Michael Bünker, der aktuelle Präsident der IGGÖ, Ümit Vural, Oberrabbiner Jaron Engelmayer, der Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft, Gerhard Weißgrab, Caritas-Wien-Direktor Klaus Schwertner sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Diplomatie.
Prominent war auch die Liste der Jurymitglieder. Zu ihnen gehörten u.a. der Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner, der evangelische Altbischof Michael Bünker, Carla Amina Baghajati von der IGGÖ, Prof. Schakfeh oder der Religionsrechtsexperte Prof. Raoul Kneucker. Laudatoren waren der Islamwissenschaftler Prof. Rüdiger Lohlker, die Leiterin der Interdisziplinären Forschungsstelle Islam und Muslime in Österreich und Europa, Amena Shakir, TU-Vizerektor Prof. Peter Ertl und der Schauspieler Cornelius Obonya.
Quelle: kathpress